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Der Stoff aus dem Propheten sind

Sie brauchen die Schutzschicht ihrer Anhänger und kompensieren Mängel ihres Selbstgefühls

Das Bild der meisten Propheten ist durch Legendenbildung verklärt; wir wissen nur wenig von ihrem Leben, kennen ihre Lehre oft nur aus den Schriften ihrer Hörer. Da sie selten unsere Zeitgenossen sind, scheint es schwierig, aktuelle Beispiele für diese Dynamik zu finden.
Aber so schwer ist das gar nicht, wenn wir uns zugestehen, dass auch Erhabenes einmal trivial gewesen sein könnte. In der Tat gibt es Männer, die im 20. Jahrhundert mit prophetischem Anspruch aufgetreten sind und deren Analyse mir sehr aufschlussreich erscheint, auch wenn mir Kritiker vorwerfen werden, das erhabene Bild von Heroen einer lang vergangenen Zeit zu beschmutzen.
Ein religionspsychologisch fesselndes und relativ aktuelles Beispiel für die Propheten-Dynamik ist der 1911 geborene und 1986 verstorbene Ron L. Hubbard, der Gründer einer nach eigenen Angaben mehrere Millionen starken Gemeinschaft von „Scientologen“.
Während wir von anderen Propheten nur wenig Biographisches wissen, gibt es von Hubbard eine von ihm selbst inspirierte und wohl in weiten Teilen auch verfasste Autobiographie, die im Internet auf den Seiten zu finden ist, die der Verbreitung des scientologischen Glaubens dienen.
Dem Kliniker, der diese Autobiographie liest, drängt sich das Bild einer kompensierten Manie geradezu auf. In diesem Leben gibt es nichts Negatives, keinen Zweifel, keine Einschränkung – und keine Kindheit. Der kleine Ron hat praktisch keine Eltern; er erwähnt nur, dass sein Vater beim Militär war. Über Mutter oder Geschwister fällt kein Wort.
Umso ausführlicher geht es dann sogleich um die viel „interessantere“ Ersatz-Familie eines Stammes der Schwarzfußindianer, die den kleinen Ron bereits im Alter von sechs Jahren von ihrem Schamanen einweihen lassen. Noch als Kind wird Ron ein grandioser, mehrfach preisgekrönter Pfadfinder, der jüngste Adlerpfadfinder Amerikas. Überall, wohin er rastlos reist, wird er von den interessantesten Wissenschaftlern, Mönchen und Voodoo-Meistern belehrt.
Bereits als 12jähriger lernt er die Psychoanalyse durch einen Freudschüler mit dem Namen Joseph Thompson kennen. Dieser rastlose junge Mann, dessen Ortsveränderungen kaum zählbar sind, kann sich keine bürgerliche Karriere vorstellen. Vermutlich führte ihn eine Mischung von intellektueller Hochbegabung und extremer Kränkbarkeit dazu, dass er sich in sozialen Strukturen nicht wohlfühlte, die er nicht kontrollieren konnte.
Hubbard war schon früh ein typischer Alles- und Besserwisser, der sich von Hierarchien und Bildungstraditionen nur eingeengt fühlte. Liebevoll werden in seiner Autobiographie die kleinsten narzisstischen Triumphe aneinandergereiht: die Medaillen als Pfadfinder für Elektrizität, Fotografie, persönliche und öffentliche Gesundheit, insgesamt zehn Medaillen, wodurch der spätere Prophet den Rang eines Star Scout erwirbt.

Und sowas von müde…

Die Beschädigung der Eltern durch das Kind

Der 42jährige Florian ist ein erfolgreicher Jurist, Vater von zwei Töchtern im Kindergarten- und Grundschulalter. Er arbeitet in der Rechtsabteilung einer grossen Privatbank. Seine Frau Betsy ist ein Jahr jünger. Sie hat ebenfalls Jura studiert, aber wegen der Kinder ihre Stelle gekündigt; sie macht jetzt eine Ausbildung als Heilpraktikerin. Sie engagiert sich sehr für Homöopathie, seit sie durch eine solche Behandlung von einem hartnäckigen Hautauschlag befreit wurde.

„Wir sind mit unserer Ehe am Ende“, sagt Betsy. „Florian war ein aufgeweckter Kerl, ein richtiges Energiebündel, als wir uns kennenlernten. Und jetzt kommt er nach Hause und nölt, dass die Kinder so laut sind, er hat den ganzen Tag malocht, soviel Stress im Büro, er braucht seine Ruhe. Anfangs habe ich mich gefreut, wenn er nach Hause kam, ich dachte, er macht dann was mit den Kindern und ich kann mal in ein Buch schauen oder auf einen Kurs gehen. Aber dazu ist er viel zu müde.

Also bringe ich die Kinder ins Bett, und – komisch, als ob er mich angesteckt hätte – ich bin dann auch todmüde, schlafe meist in einem der Kinderzimmer fast ein, schaffe es grade noch, mir die Zähne zu putzen und bin weg. Sexuell passiert gar nichts mehr, Florian sitzt dann vielleicht noch ein oder zwei Stunden vor dem Computer, obwohl er am nächsten Tag früh aufstehen muss.

Solchen Szenen begegnet der Paartherapeut fast jeden Tag. Florian hat geduldig Betsys Schilderung gelauscht . Die Initiative zur Therapie ging von Betsy aus, er findet seine Ehe nicht am Ende, sondern ganz normal ebenso seine Müdigkeit nach einem langen Arbeitstag im Büro. Schliesslich geht keiner von ihnen fremd, sie lieben die Kinder, da gäbe es schlechtere Ehen.

Im Einzelgespräch schlildert Florian seinen Arbeitstag. Er blüht auf, sobald er bemerkt, wie sich der Therapeut für das interessiert, was er macht; es ist eine Art Unternehmensberatung für grosse Darlehenskunden, wo Florian zwar seine juristische Ausbildung gut brauchen kann, aber auch ständig dazulernen muss. Er hat ein kleines Team, junge, dynamische Leute, sie sitzen zusammen, schmieden Pläne, gestalten Präsentationen. Es wird deutlich, dass Florian nach neun Stunden Arbeit keineswegs erschöpft ist. Er nimmt gut gelaunt noch mit dem einen oder anderen Kollegen einen Drink, ehe er in die S-Bahn steigt und in den Vorort fährt, wo er seiner Familie ein schönes Haus gekauft hat, zehn Minuten zu Fuss vom Bahnhof. Und wann wird er müde? Schlagartig, sagt Florian, schlagartig, sobald der Zug in den Bahnhof einfährt und er nach Hause geht, wo Betsy und die Kinder auf ihn warten.

Er ruft mit dem Handy durch, damit sie wissen, wann er kommt. Und dann ist es, als ob aus irgend einer unsichtbaren Quelle Blei in ihn fliesst und er mit jedem Schritt müder wird. Erst jetzt merkt er, wie anstrengend die Arbeit war und wie vollständig kaputt und zu gar nichts mehr in der Lage er sich fühlt, leer, ausgebrannt.
Die meisten Ehen zerbrechen an solchen Müdigkeiten. Sie sind der unauffällige Anfang von Auflösungserscheinungen, deren Tragweite erst erkannt wird, wenn beispielsweise einer der Partner eine neue Beziehung beginnt. Florians Verwandlung aber ist das Ergebnis einer unbewussten Konkorrenz mit seinen Kindern um die Babyposition.

Die Zerrissenheit des Migranten und die Sehnsucht nach dem Märtyrertod

Der Weg eines in Deutschland geborenen Türken zum Selbstmordbomber

Das Video ist professionell gemacht. Kurz vor der Explosion wird die Tele-Optik auf Weitwinkel gestellt, um die Druckwelle und die Staubwolke der Explosion in ihrem ganzen Umfang zu sehen. Vorher hat die Kamera den Weg eines mit sprengstoffgefüllten Säcken beladenen Toyota-Pickup zu einem amerikanischen Militärstützpunkt verfolgt, hat gezeigt, wie ein ganzer Strang von Zündkabeln mit Isolierband zusammengehalten und in die Fahrerkabine geführt wird, hat den selig lächelnden Fahrer erklären lassen, er werde bald als Märtyrer im Paradies sein. Wer die Sekunden zwischen dem Erscheinen der Rauchwolke und dem Krachen der Explosion zählt, findet heraus, dass die Kameraleute rund zweitausend Meter von ihrem Kameraden entfernt waren, dessen Tod sie preisen.
Was veranlasst einen 28jährigen Familienvater, der in Deutschland geboren wurde und in einem Lager der Firma Bosch in Ansbach arbeitete, auf diese Weise seinem Leben ein Ende zu setzen? Cüneyt Ciftci scheint nicht in die klassischen Täterprofile von Selbstmordterroristen zu passen, die jung sind, keine festen Bindungen haben und eine Adoleszenzkrise zu bewältigen haben. Aber die nähere Betrachtung des Täters und seiner Familie zeigt doch den engen Zusammenhang von Entwicklungskrise und Verführbarkeit für diese moderne Form des erweiterten Suizids.
Cüneyt wurde am 14.07.1979 in Freising/Oberbayern geboren. Seine Eltern waren bereits in den sechziger Jahren eingewandert; die Familie zog nach Ansbach, als Cüneyt noch sehr klein war. Dort besuchte er die Grund- und Hauptschule. Sein Vater gehörte zu den Gründungsmitgliedern der islamistischen Organisation Milli Görüs in Ansbach. Cüneyt Ciftci wurde streng erzogen und in jungen Jahren des öfteren von seinem Vater verprügelt. Wichtiger als ein qualifizierter Abschluss war dem Vater die islamische Schulung; er schickte seinen Sohn im Alter von zwölf Jahren auf eine Koranschule mit Internat in der Türkei.
Nach seiner Rückkehr begann der 15jährige eine Lehre als Maurer, die er nicht abschloss. Er kam 1998 als Lagerarbeiter bei der Firma Bosch in Ansbach unter, wo auch der Vater arbeitet. Als er 18 Jahre alt war, schenkte ihm der Vater einen tiefergelegten Mercedes mit Ledersitzen, den der Führerschein-Neuling bereits beim ersten Ausflug in den Graben setzte – Totalschaden.
Der Amateurpsychologe würde darin vielleicht eine Rebellion gegen den frommen und überfürsorglichen Vater sehen, und die nächsten Ereignisse gäben ihm Recht: Cüneyt verliebt sich in Seda, eine Frau aus einer liberalen, westlich orientierten Familie, in den Augen seines strenggläubigen Vaters eine Messalliance. Er heiratet sie, schon während der Hochzeitsfeier gibt es Streit zwischen den Famlien, weil sie nicht den islamistischen Vorstellungen des Vaters entspricht. Die nächsten Jahre führen Cüneyt und Seda ein westliches Leben, sie trägt kein Kopftuch, beide gehen aus, tanzen, tun alles, was nicht zu den Traditionen des Vaters passt.
Aber diese Entwicklung zeigt die Schwäche und Unsicherheit in Cüneyts Selbstgefühl: er hat sich Seda und Sedas Eltern gefügt, hat die Autorität gewechselt, ohne wirklich selbständig zu werden und schliddert jetzt in eine seelische Krise vom Typus des Autonomie-Abhängigkeits-Konflikts. Er braucht Sedas ungeteilte Zuwendung, und verliert sie durch genau den Mechanismus, der sie festigen soll: durch die Geburt der beiden Söhne. Beide haben sich Kinder gewünscht, sehen darin ein Zeichen, wie gut sie sich verstehen und wieviel Halt sie aneinander haben. Und doch verändert die Kinder alles. In einer bäuerlich bestimmten Vergangenheit festigte die Ankunft der Erben die Ehe. In den individualisierten Beziehungen der Moderne treibt die Geburt eines Kindes die Scheidungsrate auf den Gipfel.

Verkehrsunfall im Jemen

Der Staub auf den runden Scheiben des Militärhubschraubers taucht die jemenitische Landschaft in ein trübes Licht, er dämpft das satte Grün der bewässerten und ummauerten Felder, verstärkt die Gelbtöne der Wüste und verwischt die ohnehin weichen Konturen der hochragenden Bauernhäuser aus gestampftem Lehm, die jeden, der sie einmal gesehen hat, auf dem ersten Blick in Entzücken über soviel mit einfachsten Mitteln geschaffene Schönheit und Harmonie von Baukunst und Landschaft versetzen. Der zweite Blick wägt genauer ab, er sieht den Zivilisationsmüll, die Armut, den Konflikt zwischen der gewachsenen Kultur Südarabiens und den Neuerungen aus Europa: Zement, Dieselpumpe, Pickup, Kalaschnikow.
Wir fliegen von Sa’dah im Nordjemen zur Hauptstadt Sana’a. Der grösste Teil des Landes sind Geröll, Fels und Sand; nur um die weit vertreuten Siedlungen konzentriert sich das Grün. In der Provinz Sa’dah dominiert die künstliche Bewässerung; weiter im Süden ersetzen Wohnburgen oder Wehrdörfer aus Bruchsteinen zwischen Terrrassenfeldern die Lehmbauten. Hier sammeln die Bauern den kargen Regen in Zisternen oder leiten das von den Felshängen ablaufende Wasser auf sorgsam in die Falten der Gebirge komponierte Stufen, von denen jede soviel wie möglich von der kostbaren Flüssigkeit zurückhält.
Der Lärm im Hubschrauber macht jedes Gespräch unmöglich. Über den Pritschen, auf denen wir sitzen, russische Inschriften. Ein Geschenk der Sowjetunion an den einst sozialistischen Südjemen. Damals, in den siebziger Jahren, pumpten die sozialistischen Länder zweifelhafte Gaben in das arme Land – für sie veraltetes Material. Kalaschnikows aus DDR-Produktion werden dem Reisenden von Beduinenkriegern gelegentlich stolz gezeigt, um die deutsch-jemenitische Freundschaft sinnfällig zu machen. Unermüdlich gewartet, repariert, durch einen Zusatztank, für lange Strecken gerüstet, tut der Frachthubschrauber seit 1961 seinen Dienst. Heute transportiert er vier lädierte deutsche Touristen und ihren schwerverletzten jemenitischen Fahrer vom Hospital in Sa’dah, wo ihre Verletzungen erstversorgt wurden, in die Hauptstadt Sana’a.

Gegenwärtig verwandelt sich die trivialisierte, millionenfach multiziplizierte Lust der Touristen in Angst. Terror trifft, seit Flughäfen und Regierungsgebäude vorzüglich bewacht sind, vor allem die Masse der schutzlosen Fremden, er greift nach Discotheken, Teatern, Kreuzfahrschiffen.
Das Kalkül einer reaktionären Politik und die sadomasochistische Kraft gekränkter Ideale wirken hier zusammen. Dem auf den Selbstbeweis seiner Frömmigkeit versessenen Fanatiker sind alle Menschen ein Ärgernis, die ihr Leben geniessen und in dieser Lust unempfänglich sind für seine Predigt. So rächt er sich an ihnen und triumphiert, wenn er sie in ihrem Genuss stören kann.
Bei allem Abscheu vor dem Terror der (Pseudo)Frommen gelingt es ihnen oft genug, die erschreckten und verängstigten Massen zu einem Teil ihres düsteren Katechismus zu bekehren: Es ist besser, sich zu quälen, schwarz zu sehen, stets das Ärgste zu erwarten, als sich den Möglichkeiten der Lust hinzugeben, so gut es eben geht.

Als ich in den Jemen reiste, musste ich die Angst vor dem islamischen Terrorismus niederkämpfen. Was ich fand, war überwältigende Hilfsbereitschaft angesichts eines banalen Risikos der Zivilisation: dem Verkehrsunfall.

Mobbing in der Liebe

mobbingVerletzungen sind in einer Partnerschaft meist unvermeidlich, aber Mobbing in der Liebe? Wolfgang Schmidbauer befasst sich mit einem bekannten Phänomen in einem neuen Umfeld. Er analysiert intime Beziehungen und zeigt, wo Anlässe für Kränkungen liegen und wie diese verarbeitet werden können. Sein wichtiges Anliegen ist es zu verdeutlichen, wie Liebespartner der Mobbing-Falle entkommen können.

Ein psychologischer Ratgeber, der Hoffnung macht auf eine verlässliche Liebesbeziehung, in der sich die Partner wieder achten und vertrauen können.

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Die Helferdiskussion

Beobachtungen eines Referenten

Der grosse Saal des Ärztehauses in Freiburg war überfüllt. Zu einer gemeinsamen Fortbildung über das Thema „Hilfe für Helfer“ waren viele Ärzte und Psychotherapeuten erschienen. Sie hörten aufmerksam den Ausführungen des Referenten über die Hintergründe von Helfer-Hilflosigkeit, Helfer-Syndrom, Burnout und professioneller Entwicklung zu. Die Diskussion verlief zunächst etwas schleppend. Dann stand ein Arzt auf und fragte, wie sich der Referent das vorstelle: neben fünfzig, ja sechzig Stunden Praxisarbeit jede Woche auch noch eine Intervision, eine Balintgruppe, berufspolitisches Engagement und ein befriedigendes Privatleben zu haben, was der Referent doch alles als Hilfswege vorgeschlagen habe.

Dann meldete sich eine Frau und sagte, sie sei enttäuscht. Was gesagt worden sei, das sei doch eine wissenschaftliche Zusammenfassung gewesen, etwas, das man sich auch aus Büchern zusammensuchen und zusammenlesen könne, da hätte sie mehr erwartet, etwas ganz Persönliches. Sie selbst habe – und man werde jetzt vielleicht lachen, das sei ihr aber ganz gleichgültig – sie habe einen eigenen Engel, den habe sie entdeckt, der stehe ihr bei, und schütze sie vor den Gefahren der Arbeitsüberlastung. Einen solchen Engel brauche jeder Helfer und den Hinweis darauf habe sie vermisst. „Ich muss gestehen, dass ich mich schlecht als Engel eigne“, sagte der Referent. Einige lachten.

„Seelische Hygiene für Helfer ist ganz einfach“, sagte eine junge Ärztin. „Ich sage nur: arbeiten Sie so wenig wie möglich!“ Viele klatschten Beifall und lachten. „Ich habe mich kaputtgearbeitet. Seit ich nur noch zwei Tage die Woche arbeite, geht es mir gut. Ich finde die Arbeitsbedingungen in den Kliniken unzumutbar. Ich habe vermisst, dass der Referent das festgestellt hat. Wenn ich das sage, hört es ohnehin niemand. Aber wenn es ein so prominenter Mann sagt!“

„Wenn ich auf mich selbst achte“, sagte ein Mann, „ich bin praktischer Arzt, und wenn ich das tue, dann kann ich viele Dinge nicht mehr tun, die doch auch wichtig sind – beispielsweise Gespräche führen, mich dafür einsetzen, dass ein Raucher endlich aufhört. Ich stimme dem Kollegen zu: wir haben soviel zu tun, und soviel bleibt immer unerledigt liegen, dass wir uns nicht um unsere Psychohygiene oder um unsere professionelle Entwicklung kümmern können, die ein Schutz vor Burnout sein soll.“

„Ich habe den Eindruck, dass noch nicht klar geworden ist, was professionelle Entwicklung heisst“, sagte der Referent. „Es bedeutet doch nicht, alles zu tun, sich immer zu steigern, auch Dinge zu leisten, die – wie die Entwöhnung von Rauchern – im Rahmen einer Allgemeinpraxis gar nicht gut geleistet werden können. Professionelle Entwicklung bedeutet, mit einem möglichst sparsamen Umgang mit Energie möglichst viel zu leisten. Und hier, denke ich, kann man immer dazulernen und sich verbessern – mit weniger Einsatz mehr zu erreichen.“

„Der Umgang mit Energie ist sehr wichtig. Ich habe meinén Burnout hinter mir“, sagte eine blonde Frau mit kurzen Haaren in einem Dirndelkleid. „Ich habe bis zur Erschöpfung gearbeitet und hatte ein Herzversagen. Damals habe ich meine esoterische Phase verlassen und bin in die spirituelle eingetreten. Seither gibt es für mich keinen Burnout mehr. Ich regeneriere mich, während ich arbeite, ich könnte tagelang arbeiten und wäre doch nie erschöpft, weil ich parallel dazu atme und den Geist öffne und meditiere, so dass ich mich gleichzeitig mit dem Arbeiten erhole. Das kann jeder lernen, der sich auf diese Dimension einlässt.“ Sie sprach artikuliert und sehr sicher. In den hinteren Reihen klatschten die Ärzte.