Alle Artikel mit dem Schlagwort: Kommentar

Die dunkle Seite der Mutter

Angesichts der neun Babyskelette, die jetzt in Breskow-Finkenheerd gefunden wurden, gehört es schon fast zum guten Ton, nicht nur Abscheu, sondern absolutes Unverständnis zu bekunden. In solchen Situationen bemerken wir wieder, wie wichtig uns die Illusion von der guten Mutter ist und wie zäh wir an ihr festhalten. Es fällt uns sehr schwer, zu akzeptieren, dass Mutterschaft keine persönliche und moralische Leistung ist, sondern eher ein Geschenk günstiger innerer und äusserer Bedingungen.

In Wahrheit ist die Beziehung zwischen Mutter und Kind wie alle hoch leidenschaftlichen und existenziellen Beziehungen ambivalent, das heisst aus Liebe und Hass gemischt. Viele Frauen sehnen sich [...]

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Die RAF, die Gnade und das Helfer-Syndrom

Auge um Auge, Zahn um Zahn, Gnade um Gnade – an diese archaische Formel fühlte sich erinnert, wer angesichts der Debatte im Jahr 2007 um die Begnadigung der RAF-Terroristen wiederholt (in der Bildzeitung, im Spiegel und bei Sabine Christiansen) dem Titel „Gnade für Gnadenlose?“ begegnete. Diese Formel hat mich zuerst verwirrt und dann empört. Denn Gnade ist keineswegs in einem Atem mit gerechter Strafe oder besser ausgewogener Rache zu denken, wie es solche Formulierungen nahelegen. Sie ist das Gegenteil von Rache und von Strafe. Wer fordert, dass die Gnadenlosigkeit eines Täters gegen die Gnade aufgerechnet wird, welche ihm gewährt wird, [...]

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Die Zerrissenheit des Migranten und die Sehnsucht nach dem Märtyrertod

Das Video ist professionell gemacht. Kurz vor der Explosion wird die Tele-Optik auf Weitwinkel gestellt, um die Druckwelle und die Staubwolke der Explosion in ihrem ganzen Umfang zu sehen. Vorher hat die Kamera den Weg eines mit sprengstoffgefüllten Säcken beladenen Toyota-Pickup zu einem amerikanischen Militärstützpunkt verfolgt, hat gezeigt, wie ein ganzer Strang von Zündkabeln mit Isolierband zusammengehalten und in die Fahrerkabine geführt wird, hat den selig lächelnden Fahrer erklären lassen, er werde bald als Märtyrer im Paradies sein. Wer die Sekunden zwischen dem Erscheinen der Rauchwolke und dem Krachen der Explosion zählt, findet heraus, dass die Kameraleute rund zweitausend Meter von ihrem Kameraden entfernt waren, dessen Tod sie preisen.