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Der Stoff aus dem Propheten sind

Unter anderem nennt er sich: Winchester Remington Colt, Lt. Jonathan Daly, Capt. Charles Gordon, Bernard Hubbel, Michael Keith, Legionnaire 148, Rene Lafayette, Ken Martin, B.A. Northrup, Scott Morgan, Kurt von Rachen, Barry Randolph, Lt. Scott Morgan, Capt. Humbert Reynolds. Als Drehbuchschreiber für Piratenfilme kommt Hubbard in Hollywood nicht weiter; besser ist sein Erfolg in der Sparte Science Fiction. Seine erste Geschichte The Dangerous Dimension (Die negative Dimension), erscheint 1938 in der Juli-Ausgabe von Astounding Science Fiction.
Hubbard gleicht Karl May insofern, als auch ihm die zurückgezogene Arbeit des Schriftstellers nicht genügt. Er will nicht nur Geschichtenerfinder sein, sondern selbst Geschichte machen. Er bläst eine Reise nach Alaska zur Forschungsexpedition auf, spielt mit Technik (es handle sich um eine „Funk-Expedition“, steht in der Hagiographie von Scientology) und behauptet Eingeborenenkulturen zu erforschen.
Das ist genau die Mischung des Ich-Helden von Winnetou I. Das „Greenhorn“, das alle Westmänner übertrifft, plant den Bau einer Eisenbahn durch den wilden Westen und wird Blutsbruder der Indianer.
Wahrscheinlich haben die Kriegserlebnisse dazu beigetragen, dass Hubbard vom Autor trivialer Romane zum Gründer einer Sekte mutierte. Er diente bei der Marine und kurierte geheimnisvolle Kriegsverletzungen im Oak Knoll Naval Hospital. Angesichts eigener Leiden – vielleicht einer psychischen Traumatisierung – steigert sich der bisher in literarischer Produktion gebundene Größenwahn zu der Überzeugung, ein wissenschaftliches und pädagogisches Genie zu sein.
„Dianetik“, wie Hubbard seine Lehre nennt, ehe er sie als „Scientology“ steuersparend zur Religionsgemeinschaft umgründet, ist nichts anderes als das Versprechen, mit Hilfe banaler Psychotechniken, die rhetorisch aufgebläht werden und ihre Quellen verleugnen – Hubbard hat alles selbst entdeckt! – einen neuen, intelligenteren, gesünderen, vollkommeneren, schließlich alle Grenzen sprengenden Menschen zu schaffen.
Nach seiner Entlassung aus der US-Marine im Februar 1946 schreibt L. Ron Hubbard wieder Kurzgeschichten mit Titeln wie Blood on His Spurs, Killer’s Law und The Obsolete Weapon. In der ersten Märzwoche 1950 beendet er Dianetik: Der Leitfaden für den menschlichen Verstand.
Am 9. Mai 1950 erscheint das Buch. Danach hat Hubbard immer weniger geschrieben und immer mehr Zeit mit Vorträgen und mit dem Aufbau eines straff organisierten Konzerns verbracht, der in den USA schließlich auch als Religionsgemeinschaft anerkannt wurde, in Europa aber von Verfassungsschützern verfolgt wird.
Während die Kritiker Scientology als mafiöse Struktur beschreiben, die Abtrünnige gnadenlos verfolgt und versucht, Betriebe zu infiltrieren, wirbt Scientology mit prominenten Mitgliedern unter den Stars der Filmbranche und fordert Toleranz.