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Dumme Dinge oder wie die Konsumwelt unsere Intelligenz ruiniert

- oder wie die Konsumwelt unsere Intelligenz ruiniert

Etwas Neues finden wird er auf diesem Gerät nie. Er kann es aber vor einem Fernseher aufstellen. Der Angestellte fährt aus einem klimatisierten Büro mit dem Aufzug in die Tiefgarage, besteigt dort sein Fahrzeug und bewegt sich weitgehend passiv zu in den Fitnessraum, den er sich in seinem Haus in der Vorstadt installieren ließ.

Die in der Werbung von waschbrettbäuchigen Athleten angepriesenen Trimmgeräte verstauben vorwiegend unbenutzt, weil Motivation nicht mitgeliefert wurde. Maschinen, die nicht mehr können als Muskelgruppen zu erhitzen und die Produktion von mehr Muskelfasern anzuregen, sind eine Beleidigung der menschlichen Intelligenz. Wir sollten wenigstens an die Trimmräder und Gewichtsmaschinen Dynamos koppeln. Fitnesszentren könnten ihren eigenen Strom produzieren. Noch klüger wären Geräte, die einen direkten Kraftschluss herstellen – Fernseher, Videorekorder oder Computer, die nur funktionieren, wenn man kräftig in die Pedale tritt.

Das gesunde Leben wird zum Additiv, wie Vitamine im Dosengemüse. Es wird erst ausgetrieben und dann rekonstruiert. Wir leben länger als die Menschen der Steinzeit, weil Kälte und Hunger gefährlicher sind als Klimaanlagen und Übergewicht. Aber wir können erheblich länger und vor allem mit höherer Qualität leben, wenn wir mit unseren technischen Möglichkeiten vernünftig umgehen. Die sinnliche Verbindung von Bewegung und Lebensunterhalt ist abgerissen. Wir arbeiten vorwiegend im Sitzen. Bewegungsmangel ist der Anfang aller „Zivilisationskrankheiten“.

Hilfreicher als mahnende Mediziner wären Verkehrssysteme, in denen körperliche Übung ihren Platz hat, Humanomobile statt motorbetriebener Fahrzeuge, Grünbahnen, um auf angenehme Weise von einem Ort zum anderen zu kommen. Nicht der Radweg soll der Autostrasse abgetrotzt werden, sondern die Autostrasse braucht eine Zulassung, die so streng gehandhabt wird wie die von Maschinenpistolen.

Handwerk

Zu meiner um 1990 begonnenen Arbeit über die dummen Dinge fand ich 2008 einen unerwarteten Verbündeten. Der amerikanische Philosoph Richard Sennett veröffentlichte ein Buch mit dem Titel Handwerk, das an vielen Stellen zu ähnlichen Ergebnissen kommt. Auch Sennett beklagt, dass sich Akademiker in der Regel zu wenig auf die Welt der Dinge und die Bedeutung der Hände für den Kopf einlassen. Als junger Mann, sagt er, habe er diese Position gegenüber seiner Lehrerin Hannah Arendt noch nicht zu vertreten gewusst. Inzwischen sei ihm klar geworden, „dass die Menschen durch die von ihnen hergestellten Dinge etwas über sich selbst lernen können.“

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