Der Medizin sind Leistungen möglich, die der menschlichen Mobilität in einem Zweisitzer mit Zwölfzylindermotor entsprechen – die dritte Herztransplantation bei einem Achtjährigen, Operationen im Greisenalter, die Rettung von Unfallopfern, die dann ein halbes Menschenleben im Koma liegen. Verzicht auf junk food und mehr Bewegung könnten für die Lebensqualität der Bevölkerung unendlich mehr leisten als alle kostspieligen chirurgischen und medikamentösen Neuerungen. Wenn wir anfangen, eine durch Alkoholismus bedingte Leberzirrhose durch die Transplantation eines gesunden Organs zu „heilen“ oder Fettsüchtige dadurch zu behandeln, dass ihnen ein Stück Dünndarm herausgeschnitten wird, sind wir auf einem Weg, der das Gesundheitssystem in eine Sackgasse führt.
Der Angehörige einer traditionellen Kultur wird nicht durch sein moralisches Urteil oder seine Einsicht in Ökobilanzen motiviert, so zu leben, wie es für das Überleben der Menschheit optimal ist, sondern durch die Umwelt, in der er existiert und die ihn jeden Tag in einem Zug belehrt und zwingt. Wenn wir überleben möchten, müssen wir ähnliche Lebensumstände künstlich herstellen, die uns vom Raubbau in unserer Beziehung zur Umwelt abbringen.
Während die Produzenten von lebensnotwendigen Gütern Bedürfnisse befriedigen, die immer wieder spontan entstehen (wie Hunger, Durst, Schutz vor Witterung), achten die Hersteller von Konsumgütern darauf, Abhängigkeiten zu schaffen. Eine davon ist die Undurchschaubarkeit: Nur der vom Hersteller ausgebildete Spezialist, der in aller Regel auch am Verkauf des Produkts und der Ersatzteile verdient, verfügt über genügend Kenntnisse, um Störungen zu beheben. In diese Richtung sind wir in zentralen Gebieten der Technisierung mit Riesenschritten in Richtung Warendummheit marschiert.
Wer zwischen 1900 und 1950 geboren wurde, hatte beispielsweise während seiner Begegnung mit der Welt der Kraftfahrzeuge sinnliche Anreize, herauszufinden, wie ein Vergaser und eine Zündanlage funktionieren. Die elektronischen Regelungen der Gegenwart sind Sache von Mototronikern. Den Vergaser konnte ein Dorfschmied reinigen; bei der Elektronik muss bereits die hochgerüstete Werkstatt des Konkurrenzmodells aufgeben.
Wenn eine Kraftmaschine wie die in der African Queen – jenem Dampfboot, mit dem Katherine Hepburn und Humphrey Bogart in einem Hollywoodfilm ein feindliches Kriegsschiff vernichten – benutzt wird, nimmt sie dem Besitzer nicht nur körperliche Arbeit ab. Sie fordert auch geistige Auseinandersetzung. Der Skipper muss in den Kategorien seines Motors denken lernen, muss wissen, wie viel Holz der Kessel braucht, wann und wo Wasser nachgefüllt werden muss. So geübt, ist er schließlich sogar in der Lage, die Antriebswelle auszubauen und sie in einem improvisierten Schmiedefeuer zu reparieren. So kann seine geistige Kraft parallel zur Kraft des Motors wachsen.
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