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Dumme Dinge oder wie die Konsumwelt unsere Intelligenz ruiniert

- oder wie die Konsumwelt unsere Intelligenz ruiniert

Wagt sich der Besitzer eines modernen Bootes mit elektronisch gezündetem Außenbordmotor in ähnliche Wildnisse wie die African Queen, dann ist er gut beraten, große Mengen an Treibstoff und möglichst einen Reservemotor mitzunehmen. Er kann die unter einer gestylten Verkleidung verborgene Maschine geistig nicht durchdringen. Sie weist ihn ab, verspricht, ihn zu verwöhnen, und sagt in dem Augenblick gar nichts mehr, in dem sie stillsteht. Sie leistet pro Kilo Gewicht weit mehr als die Dampfmaschine der African Queen, aber sie kann kein anderes Futter annehmen als hoch gereinigtes Benzin. Sie steigert die Abhängigkeit vom Hersteller proportional zu ihrer Undurchschaubarkeit und den Abhängigkeiten von Treibstoff, Spezialöl, Wartung, Ersatzteilen. Es fällt schwer, sich einen Widerborst, wie ihn Humphrey Bogart auf der African Queen gibt, mit dieser Technologie vorzustellen.
James Bond ist ein Held der Konsumgesellschaft. Er bildet sich auch noch etwas darauf ein, dass er keines der Wunderdinge versteht, mit denen er seine Feinde narrt. Er kann keines reparieren; daher wechseln die Gadgets so schnell wie die Szenen und lösen sich in Explosionen auf.

Fitness

Unser Körper ist für ein Leben als Sammler und Jäger konstruiert, angelegt darauf, dass Bewegungen einen Sinn haben. Vielleicht wurzelt darin die unlösbare Frage nach dem „Sinn des Lebens“. Wenn Wurzeln geerntet, ein Bienennest entdeckt, eine Beute erlegt werden, müssen alle körperlichen und mentalen Kräfte zusammenwirken. Dann gibt es lange Phasen der Suche. Sie umfasst das Vertraute so wie das Neue. Wir entdecken das Neue dadurch, dass wir es mit dem Vertrauten vergleichen. Dadurch gewinnt jede Suche erst ihre Orientierungen; vorher ist sie ziellos und in der Regel weniger wirkungsvoll.

Wenn ich regelmäßig in einen Wald gehe, um Pilze zu sammeln, brauche ich anfangs viel Zeit und ernte wenig. Ich kenne den Wald nicht, finde keine bequemen Pfade, habe keinen Plan in mir, weiß keine Fundplätze. Im Lauf von Sammelzügen gewinnt mein Revier eine Struktur. Ich trage einen Plan in mir, der viel Zeit spart, weil ich nicht mehr überall mit gleicher Intensität suche, sondern an den erprobten Stellen intensiver, an den wenig lohnenden flüchtig. Ich kenne Wege, wo das Gelände offen und der Überblick gut ist. Vor diesem Vertrauten hebt sich deutlicher ab, was ich finden will.

Wachsam durch die Welt zu wandern ist die Grundbeschäftigung des Menschen – nicht vor einem Bildschirm zu sitzen und die Welt wegzuzappen, wenn sie nicht schön genug ist. Wo diese harmonische Übung von Körper und Geist verloren geht, werden dumme Dinge erfunden, um den Verlust auszugleichen. Man kann beispielsweise eine komplizierte Maschine vermarkten, welche dazu dient, die verlorene Wanderung durch die Welt mit Hilfe eines elektrisch betriebenen Laufbands wiederherzustellen. Von dort blickt der Wanderer, der sein Schwitzen regulieren kann, auf eine Digitaluhr, welche ihm sagt, ob er genug geschwitzt hat.

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