Aufsaetze
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Verkehrsunfall im Jemen

Es war jetzt Dienstagmittag. Seit dem Unfall war nicht mehr vergangen als ein Tag. U. und Mohammed sollten noch einmal gründlich untersucht werden; im Keller des German Hospital steht ein Kernspingerät. Y.s Haushälterin, eine Afrikanerin aus Eritrea, kochte für die Leichtverletzten ein Mittagessen. Wir sollten duschen, ruhen, uns erholen und wiederkommen. „Von meiner Wohnung braucht ihr zu Fuss nur fünf Minuten in das German Hospital“, sagte Y. “ Einfach an der indonesischen Botschaft vorbei, die Strasse hoch, am Supermarkt rechts abbiegen, schon steht ihr in der Halle!“
Das AlSalam stand am Rand der Wüste, von Beduinen umlagert. Das German Hospital lag zwischen Hochhäusern im Botschaftsviertel, der Visitenkarte des modernen Sana’a. Am Eingang ein Wachmann, der Europäer passieren liess und den ein oder anderen Einheimischen nach Waffen abtastete oder bat, seinen Dolch draussen zu lassen. Apotheke und Zahlstelle an prominenter Stelle. Im AlSalam war die Behandlung kostenlos für alle, auch für die Fremden, mit dem kleinen Nachteil, dass keines der Röntgenbilder, die mit soviel Können gemacht worden waren, uns zu den Nachbehandlungen begleiten durfte. Im German Hospitel war sie teuer für den Yemen, billig nach unseren Standards. Im AlSalam wie im German Hospital waren Ärzte und Schwestern zuvorkommend, aufmerksam, sprachkundig und kompetent. Es kostete eine Stunde und allen Einsatz von Y., aus dem Krankenhaus von Sana’a eine Rechnung mitzunehmen, die von einer deutschen Krankenversicherung gelesen werden konnte.
Das AlSalam entfaltete sich in die Breite; alle Gebäude waren ebenerdig. Im German Hospital musste man Treppen steigen oder lange auf einen der beiden Aufzüge warten. Im AlSalam waren die Schwestern europäisch gekleidet – weisse Kittel, straffe Frisuren. Im German Hospital trugen sie weisse Schleier mit einem schmalen Augenschlitz.

Heimreise

Die Geschichte gerät in ruhiges Wasser; es ist Zeit, fürs erste lose Fäden festzuknüpfen und das Ganze zu Ende zu bringen. Die jemenitische Fluglinie erhielt das Attest, daß U. transportfähig sei. Sie forderte dreimal fünfhundert Dollar für die drei mit der Liege besetzten Sitze im Airbus nach Frankfurt und 280 Euro im Voraus für den Krankentransport mit einem Spezialfahrzeug von dort in die Flughafenklinik. Wir waren wieder zurück in der Zivilisation.
Y. erzählte noch, weshalb sich der Hubschrauber verspätet hatte: Er durfte nur mit dem Einverständnis des Generalstabschefs fliegen. Dieser hielt seinen Mittagsschlaf, und niemand wagte ihn zu wecken. Als er endlich ansprechbar war und zustimmte, war es so spät geworden, dass ein Teil des Fluges in die Dunkelheit fiel. Die Piloten stellten fest, dass ihre Nachtsichtgeräte defekt waren. Das Risiko war zu gross, der Flug wurde verschoben.

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