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Der Bombenbastler

Diese Erzählung ist frei erfunden und an einen ländlichen Ort verlegt, den der Autor aus eigener Erfahrung kennt. Ähnlichkeiten mit einem Kriminalfall in Niederbayern sind allerdings unausweichlich. Unausweichlich ist auch die Frage nach dem Missverhältnis zwischen der Fürsorge für einen isolierten, in seiner Entwicklung gestörten Jugendlichen und dem Millionenaufwand der Rasterfahndung nach einem „Attentäter“, der keiner war.

Aus Berichten der Passauer Neuen Presse im November 2004:

Was Johann L. zu diesen Taten bewegte, ist noch völlig unklar. Er lebte zurückgezogen mit seinem Vater und der Schwester seiner früh verstorbenen Mutter in einem heruntergekommenen ehemaligen Bauernhof, hoch auf einem der vielen Hügel im Bayerischen Wald. Im Ort wurde er von allen Hans genannt.
«Der Hansi hatte keine Freunde, niemals kam dort jemand zu Besuch», erzählte einer der Nachbarn. Man kennt sich in Ramling. Nur elf Familien leben in der kleinen Ortschaft, zu der es an den Straßen keine Hinweisschilder gibt.
Die Familie des Täters lebt schon seit mehreren Generationen dort. «Der Bub hatte eine schwere Kindheit», sagte der Nachbar. Der frühe Tod der Mutter habe ihn aus der Bahn geworfen. Er war gerade in der zweiten Klasse, als die Frau nach einem Autounfall starb.
Neun Briefbomben schickte er an Politiker, Behörden und das polnische Generalkonsulat in München. Eine Mitarbeiterin des Landratsamtes Regen wurde leicht verletzt, als eine der Briefbomben auf ihrem Schreibtisch detonierte. Der Leitende Passauer Oberstaatsanwalt Günther Albert sagte am Samstag in Hutthurm, die Zünder seien mit jedem Mal «raffinierter geworden». In keinem Verein, an keinem Stammtisch ließ sich Johann L. junior blicken. Er hatte keine Ausbildung und auch keinen Führerschein. In einem Pflegeheim in Hutthurm leistete er seinen Zivildienst ab. Den Nachbarn fiel er nie auf. «Wir haben ihn immer für völlig harmlos gehalten», sagte ein anderer. Auch der 56 Jahre alte Vater Hans L. ahnte offenbar nichts von den Taten seines Sohnes. Der Mann sei «fix und fertig» und noch nicht vernehmungsfähig, so Albert.
Ein DNA-Massentest führte zur Aufklärung der Taten. Weil die DNA-Spur an einer der Briefbomben mit der DNA-Spur übereinstimmmte, die nach einem Einbruch in Hutthurm gefunden worden war, riefen die Ermittler des Landeskriminalamtes alle männlichen Bewohner des Ortes dazu auf, Speichelproben abzugeben.
Auch der 22-Jährige erhielt die Aufforderung. Am Sonntag sollte er in die Gemeindeturnhalle kommen. Da wusste er, dass er keine Chance mehr hatte. Er sprengte sich am Freitag mitten auf einer Wiese mit einer Gaskartusche in die Luft.

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