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Kassandras Schleier

kassandras schleierKlappentext:

Sie halten still, wenn sie über Dinge belehrt werden, die sie längst wissen. Sie erklären sich für beschränkt, weil sie eine törichte Frage nicht verstehen. So handeln Hochbegabte, die aus Angst vor sozialer Isolation und oft aufgrund traumatischer Erfahrungen ihre geistigen Fähigkeiten unterdrücken.

Wolfgang Schmidbauer hat festgestellt, dass vor allem Frauen dazu neigen, die eigene Intelligenz zu verbergen. In seiner Analyse ergründet er die psychologischen Aspekte der verborgenen, traumatisierten Hochbegabung und verwebt diese mit spannenden Analogien aus der psychoanalytischen Praxis, der Mythologie und Literatur.

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Der (einst) geliebte Mörder

Am 10.Juli 2013 bewaffnete sich ein 38jähriger Streifenpolizist in einem Münchner Vorort mit seiner Dienstwaffe und einem Revolver. Er fuhr zur Arbeitsstelle seiner Lebensgefährtin, die sich vor kurzem von ihm getrennt hatte; die fünfjährige Tochter des Paars war um diese Zeit bei seinen Großeltern untergebracht. Die Eltern waren sich über das Sorgerecht nicht einig geworden. Der Vater holte die Mutter aus ihrem Betrieb, um mit ihr über das Kind zu reden. Nach einem kurzen Gespräch richtete er seine Dienstwaffe auf sie und schoss das ganze Magazin leer. Sie war sofort tot. Der Täter stieg in sein Auto und erschoss sich dort mit dem Revolver.

In einer Pressekonferenz erklärte der Polizeipräsident von München, Hubertus Andrä, der Täter sei ein mustergültiger Streifenpolizist gewesen, wegen seiner freundlichen, ruhigen Art sehr beliebt und vor der Beziehungskrise gerade damit beschäftigt, ein Fachstudium für die Übernahme in den gehobenen Dienst anzutreten. Die Kollegen seien bestürzt, dass die Tat trotz aller Hilfsangebote und Gespräche nicht abzuwenden gewesen sei. Ein Abschiedbrief fand sich nicht. Der Grund für die Tat, sagte der Polizeipräsident, bleibt uns vermutlich für immer verschlossen.

Derlei zugleich beschönigende und distanzierende Rhetorik ist uns vertraut; Bill Clinton sagte nach dem Massaker an der Columbine High School fast dasselbe. Solche Aussagen stehen für die kulturelle Verleugnung, welche die Gefahren der Symbiose und der narzisstischen Kränkung umgibt. Wer kann uns mehr kränken als ein Partner, von dem wir Liebe erwartet haben und der sich jetzt abweisend verhält? In Wahrheit können sich die meisten Menschen, die sich aggressive Phantasien nicht verbieten, an Todeswünsche gegen kränkende Personen erinnern.

„Ich habe die friedlichste Gesinnung. Meine Wünsche sind: eine bescheidene Hütte, ein Strohdach, aber ein gutes Bett, gutes Essen, Milch und Butter, sehr frisch, vor dem Fenster Blumen, vor der Tür einige schöne Bäume, und wenn der liebe Gott mich ganz glücklich machen will, läßt er mich die Freude erleben, daß an diesen Bäumen etwas sechs bis sieben meiner Feinde aufgehängt werden. Mit gerührtem Herzen werde ich ihnen vor ihrem Tode alle Unbill verzeihen, die sie mir im Leben zugefügt – ja man muß seinen Feinden verzeihen, aber nicht früher, als bis sie gehenkt werden.“(H.Heine, Gedanken und Einfälle)
Polizisten fühlen sich als Vertreter von Recht und Ordnung. Sie tragen eine Waffe, um sich selbst zu schützen und das durchzusetzen, was sie für richtig halten. Dass eine solche Mischung angesichts eines von rechthaberischen Auseinandersetzungen geprägten, bereits die Alltagstauglichkeit beschädigenden Symbiosekrieges höchst gefährlich ist, wird leider oft erst im Nachhinein klar. Das freundliche und ruhige Wesen eines Menschen ist stets an günstige Bedingungen geknüpft; so lange er sich respektiert fühlte, war dieser Täter vermutlich angepasst und unauffällig.

Ein Sommernachtstraum als Paartherapie

Ein Trupp von Handwerkern hat sich vorgenommen, als Beitrag zu einer Fürstenhochzeit die Geschichte von Pyramus und Thisbe aufzuführen. Sie stammt aus einem der folgenreichsten Texte Europas: Ovids Metamorphosen, einem Epos über die meist unerfreulichen Verwandlungen, welche Liebe und Leidenschaft dem Menschen bescheren. Viele Bilder, mit denen wir uns und anderen Liebesverwirrungen erklären, sind aus Ovids Text gegraben. Narziss etwa, der sich in sein Spiegelbild verliebt und in eine Blume verwandelt wird. Oder die keusche Daphne, die zum Lorbeer wird, ehe der Dichter-Gott Apoll sie haben kann.
Pyramus und Thisbe sind das schönste Paar in Babylon. Sie wohnen Haus an Haus, die Eltern sind verfeindet, die Liebenden dürfen sich nicht sehen. Sie entdecken einen Riss in der Ziegelmauer, welche beide Häuser trennt, tauschen liebkosende Worte und verabreden sich nachts unter einem Maulbeerbaum bei einer Quelle vor der Stadt.

Thisbe, die früher als Pyramus eintrifft, flüchtet vor einer Löwin. Die Bestie hat ein Rind geschlagen und sucht die Quelle, um zu trinken. Ihr Maul ist noch voller Blut. Auf der Flucht verliert Thisbe ihren Schleier. Sie versteckt sich in einer Höhle. Pyramus findet nicht Thisbe, sondern ihren Schleier, den die Löwin zerfetzt und mit Blut befleckt hat. Überzeugt, seine Liebste sei tot, von dem Raubtier verschlungen, stürzt sich Pyramus voller Schuldgefühle in sein Schwert. Seine letzten Worte:

Ich nur trage die Schuld; ich habe dich, Ärmste, gemordet,
Der ich kommen dich hieß bei Nacht an grausige Stätte,
Und als der spätere kam. Reißt meinen Körper in Stücke
Und mit dem grimmen Gebiss zehrt auf die verruchten Geweide,
All ihr Löwen zumal, die ihr haust hier unter dem Felsen!

Pyramus möchte sich im Magen der Löwin mit der Geliebten vereinen. So findet ihn Thisbe, die einen lebendigen Geliebten sucht. Sie sieht den zerrissenen, blutbefleckten Schleier. Sie erkennt, dass sich Pyramus tötete, weil er sie tot glaubte. Gerührt von diesem Liebesbeweis stürzt sie sich in sein „noch warmes“ Schwert, wieder ein Symbol für die Vereinigungssucht der Liebenden. Das Blut des Paars benetzt die Wurzeln des Maulbeerbaumes. Seine einst weißen Beeren sind von nun an dunkelrot. Die Eltern füllen die Asche von Pyramus und Thisbe in eine Urne und bestatten diese unter dem Baum.

Pyramus und Thisbe sind, nicht anders als das ihnen so ähnliche Paar Romeo und Julia, Liebesvorbilder der negativen Art. Sie stehen für den Schatten der Verliebtheit, die das Ich verzaubert und in bisher unerreichte Höhen hebt: So beseligend der Höhenflug, so gefährlich der Absturz. Wo eine Seele sich ganz in eine andere fließen lässt, wo es unmöglich wird, sich eine Trennung auch nur vorzustellen, wachsen auch die Gefahren der Liebe. Gemessen an dem, was die Liebenden selbst einander antun können, sind die Verbote der Eltern so harmlos wie die Mauer, durch deren Ritze nur zärtliche Worte dringen.

Paartherapie

Klappentext:

Häufiger Streit, brennende Eifersucht, unheilvolle Routine – es gibt Situationen in einer Beziehung oder Ehe, in denen die Schwierigkeiten so groß scheinen, dass man sie als Paar nicht mehr bewältigen kann. Und auch nicht weiß, ob man das überhaupt noch will.

Wolfgang Schmidbauer zeigt exemplarisch verschiedene heikle Umstände und Problemsituationen in Beziehungen auf, beschreibt diese und erläutert mögliche Lösungswege. Sein neues Buch ist eine erste Hilfe für alle, die den Weg zur Eheberatung (noch) scheuen, ihre Schwierigkeiten aber trotzdem in den Griff bekommen möchten.

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Arme Kinder

Es gibt zwei Arten von moralischem Schwachsinn. Der eine ist allgemein bekannt und geächtet. Er betrifft die Gewissenlosigkeit des Soziopathen, der ohne Mitgefühl Kinder missbraucht oder Liebe weckt, um besser betrügen zu können. Die zweite Form des moralischen Schwachsinns hingegen verleugnet sich gern. Sie gibt sich manchmal sogar als überlegene Sittenstärke aus. Es ist die Variante des selbstgewissen Tugendboldes. Wo beim Soziopathen die Triebe über Einfühlung und Vernunft triumphieren, ist es beim Normopathen die Moral, mit der er die Vielfalt des Lebens, der Liebe, der Verstrickung und der Lösung erstickt. Wo ihn eine Frage beunruhigt, eine Erscheinung nicht zu seinen Normen passt, wird sie mit einer Moralkeule plattgemacht.

Der Bösewicht wird bestraft, das Opfer gerettet – dieses Muster entspricht den Bedürfnissen der Massenmedien. Wer das nicht bieten kann, wird nicht in die Talkrunde eingeladen. Ich erinnere mich an ein Telefonat mit einem Medienvertreter, der mich in seiner Show nur zu Wort kommen lassen wollte, wenn ich für die freie Liebe und den glücklichen Seitensprung spräche. Einen Treuebefürworter hätte er schon.
An solche steilen Vereinfachungen muss ich denken, wenn ich die Diskussion über die „Pädophilie-Befürworter“ in der grünen Partei betrachte. Ein origineller Politiker wie Daniel Cohn-Bendit wird von Zitaten aus den siebziger Jahren verfolgt wie von Gespenstern. Für den, der sich an diese Zeit und ihre Debatten noch erinnern kann, ging es nur in Splittergruppen um Pädophilie. Im Zentrum stand eine Auseinandersetzung mit einer sexualfeindlichen, homophoben Restauration im konservativ-katholischen Adenauerdeutschland. Wie gut gerade die Pädophilie im Schatten der sexualfeindlichen Moral katholischer Institutionen gedeiht, haben nur die Betroffenen schon immer gewusst. Die Öffentlichkeit beschäftigte sich damit erst sehr viel später.

Aus den damals angestoßenen Diskussionen wuchsen Differenzierungen, die uns heute selbstverständlich sind, damals aber erst erarbeitet werden mussten. Wir machen uns selten klar, wie wenig politische Korrektheit in der Sprache der siebziger Jahren regierte; ich selbst habe in meinen ersten Büchern noch in aller Unschuld etwa von „Negern“ geschrieben. Dem sexualfeindlichen, sich fromm gebenden Muff folgte eine verbale und optische Sexualisierung, die erst allmählich wieder Grenzen ziehen konnte. Der Kapitalismus hat sich von den Kämpfern um erotische Freiheit nicht nur nicht einschüchtern lassen. Im Gegenteil, sie wurden seine nützlichen Idioten, um eine höchst profitable Porno-Industrie aufzubauen.

Eine Kindheit in Niederbayern (eBook)

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Eine Zeit lang habe ich meinen Kindern Geschichten meiner eigenen Kindheit auf dem Bauernhof meiner väterlichen Grosseltern als Einschlafhilfe erzählt. Irgendwann kam ich auf den Gedanken, sie aufzuschreiben, als Beitrag zur europäischen Ethnologie, zum Leben und Denken in der unmittelbaren Nachkriegszeit, als ungeschminkten Bericht über die Umwelt eines Kindes, das zwischen einer bäuerlichen und einer bürgerlichen Welt pendelt.

Zwischen 1944 und 1950 lebten wir, ausgebombt, im Sommer bei den väterlichen, im Winter bei den mütterlichen Grosseltern, im Sommer in einem Haus ohne Bücher, ohne fliessendes Wasser, mit vier Kühen, zwei Schweinen und einigen Hühnern, im Winter in der Stadtwohnung eines Landgerichtsdirektors mit der angeblich grössten Privatbibliothek von Passau.


Pressestimme:
„Das vorliegende Buch ist ein bavareskes Sprachkunstwerk, ein barock schillernder Expeditionsbericht aus einem verlorenen Paradies. Wehmut schwingt zwar mit, wenn sich Schmidbauer die glücklichen Tage im Inntal ins Gedächtnis ruft, doch nie Weinerlichkeit. Die Kindheit, aufgesucht als ein Ort der konkreten Utopie, als Heimat im unverstellten, ideologisch nicht vernutzten Sinne. Schmidbauer fordert den Leser auf, es ihm nachzutun.“ (Die Zeit)

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Facetten und Entwicklungen des Narzissmus-Konzepts

(Auszug – den gesamten Vortrag gibt es hier als Pdf zum Download.)

PTK 27.4.13Ungefähr zur selben Zeit wie die Bomben der beiden Terroristen beim Boston-Marathon explodierte in Texas eine Kunstdüngerfabrik. Verglichen mit ihrer Wucht sind die Kochtopf-Bomben in Boston nur ein böses Spielzeug gewesen. Es gab in Texas auch erheblich mehr Schaden und Tod. Die Reaktionen der Medien und der Staatsmacht waren ganz und gar nicht das, was der Jurist „verhältnissmäßig“ nennt. In Texas normale Berichterstattung und professionelle Polizeiarbeit, in Boston Buhei pur: Eine ganze Stadt unter Ausgangssperre, Schwerbewaffnete durchkämmen Straßen und Wohnungen.

Sie verhaften den Täter nicht. Der Täter wird zunächst nicht gefunden. Erst als die Ausgangssperre aufgehoben wird, entdeckt ein Bürger, dass Blut an der Folie ist, durch die ein Boot in einem Garten winterfest bedeckt wird. Neugierig sieht er nach und findet den verletzten Täter in seinem Versteck.

Man könnte das Schauspiel als Spektakel der Staatsmacht abtun, die Medienereignisse wie den Anschlag auf einen Marathonlauf nutzt, um sich selbst in Szene zu setzen. Aber in diesem verharmlosenden Urteil über ein Schauspiel, das mit ordentlich geplanter Polizeiarbeit nichts mehr zu tun hat, wird die Dynamik des modernen Terrorismus verkannt.
Seit dem grausamen Anschlag auf die israelische Olympiamannschaft 1972 in München wissen wir, dass es ein wesentliches Motiv der terroristischen Aggression ist, selbst einen Teil der Aufmerksamkeit zu gewinnen, der beneideten Rivalen zufließt. Terrorismus ist immer auch Theater. Um die beiden jungen Männer, die gegenwärtig als Täter von Boston gelten, werden sich in den nächsten Tagen und Wochen die Experten scharen. Sie sind etwas ganz Besonders geworden, ein narzisstischer Traum hat sich erfüllt, der mächtig ist, seit nicht mehr der Spiegel einer Quelle, sondern der Bildschirm das Selbstgefühl junger Menschen bestimmt.

Man darf davon ausgehen, dass die beiden Terrorverdächtigen darüber nachgedacht haben, den Marathon selbst zu laufen. Welcher sportliche junge (und ältere) Mann denkt darüber nicht nach? Aber während Zuschauer und Läufer feiern und es genießen können, Teil eines Massenereignisses zu sein und sich ihres Festes zu erfreuen, gibt es in ihrer Mitte auch Einzelne, die sich von einem solchen Fest nicht mitgerissen und in ihrer Stimmung gehoben fühlen, sondern erniedrigt und entwertet. Psychotherapeuten wissen, dass es vielen gekränkten, depressiven Menschen im nasskalten November sehr viel besser geht als an einem sonnigen Tag im Mai, wenn – Zitat einer Kranken – „der ganze englische Garten voll von glücklichen Paaren ist!“
Wir müssen gar nicht an den Teufel glauben, um die Versuchung zu verstehen, den Frieden und die Freude Feiernder zu stören. Wer sich keine Chance gibt, im ehrlichen Wettstreit den Ruhm des Siegers zu ernten, gerät in Versuchung, sich wenigstens als der größte Störer zu profilieren. Auch der Terrorakt hat inzwischen seine konfusen Ideologen. Aber wer sich ihren Gedanken anschließt, ist von den emotionalen Motiven bestimmt, die in zerbrochenen Biographien entstehen. Für den gesunden Menschen hat Aufmerksamkeit mit Zuneigung zu tun; er wünscht sich eine emotionale Stabilisierung durch Beziehungen, in denen er sich in seine Mitmenschen einfühlt und daher auch von ihnen Einfühlung in seine Bedürfnisse erwartet.
(…)

Da der ganze Vortrag an die 20 DIn A4 Seiten umfasst, gibt es ihn hier als pdf-Download.

Mut zum Versagen?

In „Miese Stimmung – Eine Streitschrift gegen positives Denken“ ringt der Heidelberger Psychotherapeut und Leiter eines Instituts für systemische Therapie Arnold Retzer mit einem Phänomen, das ich einmal in dieser Kolumne die „Operettentherapie“ genannt habe: Dem Zwang zur positiven Stimmung, zur Durchhalteparole, zur Verleugnung von Fehlern, Trauer, Angst und Schmerz. Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist!

Zeitgeist, Kultur, Lebensentwürfe einzelner und die rapide steigende Anfälligkeit für Depressionen und Burnout bedingen sich wechselseitig. Wenn wir schon sonst nichts tun können, müssen wir die Wende auf dem Arbeitsmarkt oder an der Konsumfront herbeiglauben. Wagt ein Sportreporter, der deutschen Mannschaft den Siegeszug nicht zuzutrauen? Sind wir nicht Papst? Denken wir positiv!

Dieses positive Denken funktioniert nicht nur nicht – es ist die Ursache jener Störungen, die es zu bekämpfen vorgibt. Der Zwang zum Heldentum, zur Hoffnung, zur Nulltoleranz für Fehler, die Retzer an vielen Beispielen aus dem Tagesgeschehen der letzten Jahre dokumentiert – sie führen nicht zur Erlösung, sondern in die Erschöpfung.

Besonders amüsant ist Retzers Beschreibung der Strategien, wie Menschen sich daran hindern, einen Fehler zu erkennen und Folgerungen daraus zu ziehen. Er reitet dazu fast buchstäblich die Indianerweisheit noch einmal zu Tode: Wenn du entdeckst, dass du einen toten Gaul reitest, steige ab!

1. So haben wir den Gaul immer geritten!
2. Wir halten unserem Gaul die Treue!
3. Wir gründen eine Untersuchungskommission, um den Gaul zu analysieren!
4. Wir besuchen andere, um zu sehen, wie man dort tote Gäule reitet! (Benchmarking)
5. Wir ändern die Kriterien dafür, ob ein Gaul tot ist!
6. Man redet uns nur ein, der Gaul sei tot!
7. Kein Gaul kann so tot sein, dass man ihn nicht noch schlagen könnte!
8. Wie „frisieren“ die Vergangenheit
9. Wir spannen mehrere tote Gäule zusammen, damit sie schneller werden! (Synergie)
10. Wir entwickeln eine sehr enge, intime Beziehung zu unserem toten Gaul!
11. Tote Gäule zu reiten ist die hohe Schule der Reitkunst! (S.131-147)

Es kostet nicht viel, jemanden dafür zu tadeln, dass er eine Situation zu negativ sieht. Es ist spottbillig (und kommt beim Depressiven oft tatsächlich an wie Spott), das Schlechte zu wenden, bis es besser aussieht. Meist unterstellt ein solcher Ratschlag dem Beratschlagten eben jenen Mangel an Einsicht und Intelligenz, der den Ratgeber selbst auszeichnet. Statt sich auf den Kontakt einzulassen, eine Forschungsreise anzutreten, herauszufinden, was den Leidenden in seinem Leiden festhält, wird der Hilfesuchende durch eine Geste der Überlegenheit klein gemacht.

Er hat nie darüber geredet (eBook)

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Irgendwann fiel mir auf, dass die Geschichten, welche Patienten über abwesende, stumme, kranke, cholerische, arbeitswütige Väter und Mütter erzählen, mit dIen seelischen Traumen der Kriegs- und Nachkriegszeit zusammenhängen.

Ich fing an, systematischer nachzuforschen, beschäftigte mich mit den Beschreibungen von Kriegstraumen in der Literatur und mit der Familiendynamik, die durch Anwesenheit eines seelisch derart gestörten Familienmitglieds entsteht; schliesslich kam ich auch zu einer neuen Hypothese über die Folgen massiver Traumen (“Seelische Zentralisierung”, d.h.Preisgabe von Differenzierungen, von Phantasie und Empathie zugunsten schematischer, schneller Bewertungen und blindem Aktionismus).

Dank einiger jüdischer Patientinnen und Patienten, die mit einer ganz anderen Form familiärer Traumatisierung belastet waren, konnte ich auch Unterschiede in den Verletzungen der Täter und der Opfer herausarbeiten. Kinder freilich sind zunächst immer ihren Eltern ausgeliefert und werden durch den Verlust an Einfühlung, Phantasie und Zuversicht belastet, wie er Traumatisierte kennzeichnet.

Verlagstext:
Oft wirkten sie seltsam verstimmt, überreizt, hielten die Lebenslust ihrer Kinder nicht aus – die Heimkehrer des Krieges. Extreme seelische Belastungen erzeugten ein Trauma mit weitreichenden Folgen – »das Trauma des Krieges wirkt auch in den Frieden hinein«, so Wolfgang Schmidbauer.

Eindrucksvoll zeigt er, wie die deutsche Gesellschaft auch noch heute tiefgreifend von dem kollektiven Trauma des Zweiten Weltkrieges geprägt ist. Anhand von vielen Fallbeispielen zeichnet er die verschlungenen Wege des Traumas in den Familien nach. Er erklärt, warum Beziehungsprobleme, Depressionen oder Arbeitsstörungen von heute erwachsenen Söhnen und Töchtern oft darin ihre Wurzeln haben und wie dennoch vor diesem Hintergrund Heilung gelingt.

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Die Rache der Liebenden (ebook)

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«Wolfgang Schmidbauer macht uns nicht nur die Welt verständlicher, sondern klärt uns auch über uns selber auf.»
Die Tageszeitung

Wenn von der Rose nur die Dornen bleiben Wenn die Liebe endet, beginnen oft Rücksichtslosigkeit, Gewalt und Hass. Vielen fällt es schwer zu glauben, dass ein solches Umschlagen scheinbar tragender Gefühle überhaupt möglich ist. Dennoch machen die meisten von uns irgendwann diese Erfahrung und fragen sich: Ist das noch der Mensch, den ich zu kennen glaubte?

Wer sich durch den Verlust eines Menschen in seinem Selbstgefühl tödlich bedroht fühlt, neigt dazu, mit allen Mitteln zurückzuschlagen. Man versucht, den anderen zu entwerten und zu erniedrigen – in der (meist heimlichen) Hoffnung, die eigene Kränkung ungeschehen zu machen und das beschädigte Selbstgefühl zu heilen. Aber am Ende entwertet man mit dem anderen auch sich selbst. Wenn Paare mit Kindern in einer solchen Situation sind, können sich traumatische Erfahrungen auf die nächste Generation übertragen.

Wolfgang Schmidbauer erklärt in diesem Buch anschaulich und anhand von konkreten Erlebnisgeschichten, woher solch extreme Reaktionen kommen. Er eröffnet neue Einsichten in die Zusammenhänge von Liebe und Hass, Eros und Aggression. Und er zeigt auf, wie Auswege aus der «Hass-Falle» möglich sind.

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