Irgendwann fiel mir auf, dass die Geschichten, welche Patienten über abwesende, stumme, kranke, cholerische, arbeitswütige Väter und Mütter erzählen, mit dIen seelischen Traumen der Kriegs- und Nachkriegszeit zusammenhängen.
Ich fing an, systematischer nachzuforschen, beschäftigte mich mit den Beschreibungen von Kriegstraumen in der Literatur und mit der Familiendynamik, die durch Anwesenheit eines seelisch derart gestörten Familienmitglieds entsteht; schliesslich kam ich auch zu einer neuen Hypothese über die Folgen massiver Traumen (“Seelische Zentralisierung”, d.h.Preisgabe von Differenzierungen, von Phantasie und Empathie zugunsten schematischer, schneller Bewertungen und blindem Aktionismus).
Dank einiger jüdischer Patientinnen und Patienten, die mit einer ganz anderen Form familiärer Traumatisierung belastet waren, konnte ich auch Unterschiede in den Verletzungen der Täter und der Opfer herausarbeiten. Kinder freilich sind zunächst immer ihren Eltern ausgeliefert und werden durch den Verlust an Einfühlung, Phantasie und Zuversicht belastet, wie er Traumatisierte kennzeichnet.
Verlagstext:
Oft wirkten sie seltsam verstimmt, überreizt, hielten die Lebenslust ihrer Kinder nicht aus – die Heimkehrer des Krieges. Extreme seelische Belastungen erzeugten ein Trauma mit weitreichenden Folgen – »das Trauma des Krieges wirkt auch in den Frieden hinein«, so Wolfgang Schmidbauer.
Eindrucksvoll zeigt er, wie die deutsche Gesellschaft auch noch heute tiefgreifend von dem kollektiven Trauma des Zweiten Weltkrieges geprägt ist. Anhand von vielen Fallbeispielen zeichnet er die verschlungenen Wege des Traumas in den Familien nach. Er erklärt, warum Beziehungsprobleme, Depressionen oder Arbeitsstörungen von heute erwachsenen Söhnen und Töchtern oft darin ihre Wurzeln haben und wie dennoch vor diesem Hintergrund Heilung gelingt.