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Der (einst) geliebte Mörder

Die sexuelle Hingabe ebenso wie die in ihr wurzelnde Generativität schafft eine neue narzisstische Einheit. Sie macht die Individuen auf eine katastrophenträchtige Weise durchlässig, als hätte sich durch die Pforte, die vom Eros geöffnet wird, auch eine mörderische Wut eingeschlichen. Der Ehepartner ist nach jedem Mord der erste Verdächtige, aus gutem statistischem Grund. Wären sie Single geblieben, wäre ihre Partnerschaft gut gegangen, hätte sich ihre symbiotische Erwartung stabilisiert, – Opfer und Täter würden sich noch des Genusses eines unbeeinträchtigen Lebens erfreuen.

Verlustangst kann so mächtig werden, dass die Vernichtung des entfremdeten Objekts ebenso attraktiv ist wie die Selbstvernichtung. Wer seinen Partner tötet, entlastet sich von der Trennungsangst ebenso wie der Suizidale. Desdemona wird in der Othello-Tragödie ebenso für ihre imaginäre Untreue bestraft wie zur dauernden Treue gezwungen.

Auf jeden Mord aus enttäuschter Liebe und Eifersucht treffen mindestens zehn Suizide; kleinere Gemeinheiten und Gewalttaten oder auch Selbstmordversuche lassen sich gar nicht erfassen. Wer Glück als Seelenruhe und Abwesenheit von Schmerz definiert, hat in einem zölibatären Leben die besseren Chancen. Die Wortführer freilich, die in solchen Fällen gar nichts verstehen wollen, werfen mit dem Verständnis auch die Verantwortung über Bord – Bill Clinton, der die Waffenlobby in den USA nicht provozieren will, der Polizeipräsident, der die martialische Bewaffnung seiner Truppe so wenig in Frage stellen mag wie die Mehrheit im Bundestag riskiert, es sich mit den Sportschützen anzulegen. Narzisstische Kränkbarkeit plus automatische Schusswaffe in der Schublade ist eben eine sehr viel gefährlichere Mixtur als die rechthaberische und rachsüchtige Psyche alleine.

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