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Das Christkind in der Krippe …und die Eltern, Ochs und Esel

Nachdenkliches über die Liebe zwischen Eltern und Kind

Erträglich wird diese Zeit der Ablösung nur, wenn sich zwischen den Eltern die Fähigkeit erhalten haben, einander mit Bewunderung und Anerkennung für das Geleistete zu versorgen. Dann können sie sich eher die gute Laune erhalten, die angesichts muffiger, abweisender Pubertierender verloren gehen kann. Und vor allem können sie der noch größeren Gefahr entgehen, dass die liebevolle Beziehung zum Kind einen Mangel an Liebe zu Partnern ausgleichen soll, die als kalt und abweisend erlebt werden.

Heranwachsende mögen cool und abgegrenzt wirken, aber sie haben feine Empfangsorgane für das Unglück und die Bedürftigkeit von Elternteilen, die von ihrem Gegenüber enttäuscht sind und mit heimlicher Panik dem Augenblick entgegensehen, in denen ihr Kind seiner Wege geht und sie nicht mehr braucht.

In der Erziehung ist die Berufung auf Liebe als letzter Instanz gefährlich. Sie hält keinen Abstand zu Missbrauch und Sucht, nach dem Motto: wenn du mich liebst, darfst du mir nichts verweigern! Es geht um Formen der Liebe, die sich dem Respekt vor Sitte und Gesetz unterwerfen und Grenzen nicht überschreiten. Sie gelingen schlecht, wenn Eltern miteinander konkurrieren, wer nun beim Kind beliebter ist. Die Liebe zum Kind nicht in das Bedürfnis münden zu lassen, vom Kind geliebt zu werden und bei ihm beliebt zu sein, ist in der Konsumgesellschaft wichtiger und schwieriger denn je.

Die ängstliche Fürsorge der Helikopter-Eltern, die ständig fürsorglich ihren Nachwuchs umschwirren und Elfjährige noch in die Schule begleiten, führt dazu, dass die Kinder im Elternhaus triebhaft und expansiv auftreten. Die Folge sind kräftezehrende Debatten und Modediagnosen wie die „Aufmerksamkeitsstörung“. Angstbewältigung und Selbstberuhigung werden nicht mehr geübt. Je weniger Unsicherheit ertragen werden muss, desto schneller resigniert das ungeübte Ich, wenn es darum geht, sich gegen Widrigkeiten zu behaupten.

Von Kinder-Tyrannen zu reden, wie es in den letzten Jahren Irina Prekop und Michael Winterhoff getan hat, reproduziert im Grunde die beschriebene Störung. Tyrannen sind Gewaltherrscher. Kinder sind immer den Erwachsenen mehr ausgeliefert als umgekehrt. So drückt die Rede von den Tyrannen eben die Überschätzung aus, die sie anprangert. Weder sind Kinder jemals Tyrannen noch haben Eltern die Macht, sie in solche zu verwandeln oder aber sie aus dieser Rolle zu erlösen.

In Wahrheit sind Eltern wie Kinder Opfer von Entwicklungen, deren Schattenseiten zunächst verleugnet werden. Der Geschäftsführer des Supermarkts steigert seinen Umsatz, indem er dort, wo man an der Kasse Schlange steht, die Quengelware ins Regal legt − Schokoriegel etwa, Gummibärchen oder Überraschungseier. Diese werden von den Kindern während der Wartezeiten erquengelt. Der Geschäftsführer findet das einen harmlosen Kunstgriff.

Schnell und bequem ein glückliches Kind oder einen süßen Genuss zu haben, verbindet nach dem Prinzip „Jetzt haben − später zahlen“ Mutter und Kind. Auch das scheint harmlos. Aber die Nachgiebigkeit der Mutter, die das Quengeln des Kindes bestätigt und verstärkt, ist ein Schrittchen beim Abbau der kostbaren Fähigkeit, Versagungen zu ertragen. Wer nun behauptet, es sei einfach, dieser Falle zu entkommen, reduziert eine komplexe Situation auf eine moralische Alternative und ignoriert die strukturelle Überforderung aller Beteiligten.

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