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Das Finanzgewölbe

Adele Spitzeder war eine überschuldete Münchner Schauspielerin, die 1869 eine Bank gründete und enormen Zulauf hatte, weil sie so hohe Zinsen zahlte, dass die Bauern aus dem Umland ihre Höfe verkauften. Sie versprachen sich ein bequemeres Leben von den Zinsen. 31 000 Bürger wurden um acht Millionen Gulden geprellt; viele begingen nach der Pleite Selbstmord. Berhard L.Madoff ist ein New Yorker Banker, der ebenfalls höchste Zinsen für seine Hedge-Fonds versprach. Er hat eine unbekannte, aber sicher viel höhere Zahl von Kunden um fünfzig Milliarden Dollar geprellt.

Ich werde den Verdacht nicht los, dass das Schneeballsystem inzwischen zum Prinzip geworden ist. Nur ist der Schneeball zu unübersichtlich, um ihn zu sehen. Nach jedem kleinen Versagen der Politik richten wir Untersuchungsausschüsse sein, um herauszufinden, was schief gegangen ist. Aber angesichts der gegenwärtigen, in ihren Ausmaßen noch unbekannten, vermutlich aber gigantischen Krise wird um Vertrauen geworben, ehe der Bürger aufgeklärt wird, wie es zu ihr kommen konnte.

So ist das Misstrauen kein psychologisches Problem. Das wäre eher sein Mangel. Auch die Angst vor der Zukunft ist kein psychologisches Problem. Das wäre eher die blinde Zuversicht, dass wir uns am eigenen Vertrauen aus dem Sumpf ziehen können wie weiland Münchhausen am eigenen Schopfe.

Mehr zu diesem Thema in diesem Titel:

Das kalte Herz. Von der Macht des Geldes und dem Verlust der Gefühle.


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