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Auf nicht natürlichen Wegen

Die Fertilitätsmedizin kann Paare beglücken - und überlasten

Oft geraten Paare bereits in eine Krise, wenn die Frau nach einigen Jahren unfruchtbaren Liebeslebens einen Gynäkologen aufsucht und dieser bei ihr nichts findet, was einer Schwangerschaft im Wege stehen könnte. Jetzt soll der Mann zum Urologen und beweisen, dass seine Spermien zahlreich und aktiv sind! Würdevoll ist die dazu nötige Prozedur so wenig wie ihr Ergebnis leicht zu verkraften, wenn es nicht positiv ausfällt.

Weigert sich der Mann, rettet er seinen Stolz und gefährdet die Beziehung. Macht er mit, muss er eine Kränkung verkraften und ein Stück seiner Intimsphäre dem medizinischen Urteil unterwerfen. An solchen Aufgaben kann die Kränkungsverarbeitung in einer Partnerschaft wachsen – aber auch scheitern.

Eindeutige Ursachen von Unfruchtbarkeit, die sich durch eine Hormonkur oder durch eine Operation beheben lassen, sind in der Praxis eher selten. Viele Paare müssen sich mit Mutmaßungen herumschlagen; die Verführung ist groß, Lebenszeit und Liebesgefühle der Diskussion zu opfern, wer zuerst etwas tun soll und wie lange gewartet werden muss, ehe die Hoffnung aufgegeben werden kann, dass es doch noch auf natürlichem Weg klappt.

Eine Ehe scheitert daran, dass der Mann wenig bewegliche Spermien hat und seine Frau ihm die Schuld an ihrer Kinderlosigkeit gibt. Er beginnt ein Verhältnis mit einer anderen Frau; in dem Gespräch über Verhütung sagt er ihr, keine Bange, ich bin unfruchtbar. Nach einem halben Jahr ist sie von ihm schwanger. Er ist überglücklich und will gleich heiraten. Sie gerät in eine Vertrauenskrise, weil sie noch kein Kind wollte und sich überrumpelt fühlt.

Oft wird dem Mann mit den nicht optimalen Samenzellen geraten, erst einmal den Alkohol, die Zigaretten und vor allem den Stress wegzulassen. Schon vorher wurde die Frau belehrt, dass ein heftiger Kinderwunsch eher das Gegenteil bewirkt, garniert mit einer der zahllosen Geschichten von der Schwangerschaft, die nach langem, vergeblichem Erwarten gerade dann eintritt, wenn die Frau aufgegeben hat und die Adoptionspapiere unterzeichnet.

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