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Das Königreich von Saba und die „Brutstätte des Terrors“

Zum jemenitischen Lebensgefühl gehört, dass man sich erst sicher fühlen darf, wenn der Stamm, die Familie und der Staat an einem Strang ziehen. Von einem Recht des gesetzestreuen Einzelnen auf seine vom Staat geschützte Selbstverwirklichung ist diese Gesellschaft noch entfernt.

Seit ein fanatischer Nigerianer mit Sprengstoff in der Unterhose versucht hat, einen Jet über Chicago zu sprengen und großmäulig den Jemen als Schule für viele Täter seinesgleichen denunzierte, ist plötzlich in allen Medien von Südarabien die Rede. Immer wieder werden dieselben Bilder vom Platz vor dem Südtor von Sanaa gezeigt. Es wird behauptet, die Stämme seien von Al Quaida „unterwandert“. So kündigt sich ein ähnlich profundes Unverständnis für die Struktur solcher Länder an wie in Afghanistan und im Irak. Die westlichen Politiker verbünden sich mit Kriegsherrn, welche nicht das Land entwickeln und dessen Güter gerecht verteilen, sondern ihre Macht um jeden Preis erhalten wollen. Wie Saddam wurde und wird auch Ali Abdallah Saleh, der Präsident des Jemen und einst enge Bundesgenosse des irakischen Diktators, von den USA mit hohen Summen unterstützt, die in seinen militärischen Apparat fließen.

Der Gegensatz zwischen fortschrittlichen städtischen Eliten und Stammeskriegern kann durch Rhetorik so wenig behoben werden wie durch Militärhilfe für Warlords, ob sie nun vom Warschauer Pakt oder von der Nato kommt. Wie gegenwärtig über den Jemen berichtet wird, das zeigt deutlich, wie schwer es ist, hier neue Wege zu suchen und die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Ganz gewiss falsch wäre eine Sicht der Dinge, wonach von Al Quaida unterwanderte, böse Stämme durch Militärhilfe für eine gute, aber leider zu schwache Zentralmacht niedergeworfen werden sollen. Die Widerstandskraft der traditionellen Stammesstrukturen gegenüber dem islamistischen Terrorismus müsste gefördert werden. Sobald die westlichen Mächte als Verbündete korrupter Eliten in den Hauptstädten erlebt werden, kann ein solches Land nicht mehr befriedet werden.

Wolfgang Schmidbauer arbeitet als Psychoanalytiker und Autor in München. Er kennt den Jemen aus mehreren Reisen und hat sich für ein Buchprojekt mit der Geschichte Südarabien beschäftigt

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