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Das Königreich von Saba und die „Brutstätte des Terrors“

1993, nach einem ersten Versuch, Parlamentswahlen einzuführen, kam es zu den bisher letzten bürgerkriegsähnlichen Kämpfen in Aden. Dort wurde noch einmal eine unabhängige Republik Südjemen proklamiert. Präsident Saleh schlug den Sezessionsversuch in heftigen und blutigen Kämpfen binnen weniger Tage nieder.

Der zweite Versuch, Parlamentswahlen mit Kandidaten mehrerer Parteien zu organisieren, fand 1997 statt. Die Wahlen wurden von internationalen Beobachtern als „überwiegend fair“ beschrieben. Die frühere Staatspartei des Südjemen war freilich davon nicht zu überzeugen und boykottierte die Wahl. So ist die Macht im jemenitischen Parlament durch den Allgemeinen Volkskongress des Ministerpräsidenten Saleh geprägt, dessen stärkste Rivalin die religiöse Islah-Partei ist, hinter der auch die meisten Stammesführer stehen.

Wenn etwas im Parlament beschlossen wird, heißt das noch nicht, dass es auch umgesetzt werden kann. Dazu sind zähe Verhandlungen zwischen den staatlichen Stellen und den Scheichs der Stämme notwendig. Dazu ein Reiseeindruck: Wir saßen vor einem Teehaus auf dem Weg von Al Mahwit in die Tihama, als ein großer, polierter Landcruiser vorfuhr, aus dem ein leutseliger, fetter Mann im blütenweissem Gewand der Zaiditen und drei drahtige Bewaffnete stiegen. Sie musterten uns kurz und nahmen in dem Laden nebenan eine Cola, während der Anführer verschwand. „Ein Scheich“, sagte unser Fahrer. „Kein sehr großer Scheich, das Auto ist schon acht Jahre alt.“
„Was macht so ein Scheich?“
„Wenn es Streit gibt, schlichtet er. Wenn eine Familie verarmt, gibt er ihr Geld. Er braucht viel Geld. Die Saudis geben den Scheichs Geld.“
Wie sich das Leben in einer derart aus Tradition und Moderne gemischten Gesellschaft anfühlt, ahnt der Reisende aus Andeutungen. Es gibt nicht eine Polizei und eine Justiz, sondern zwei: den Staat und den Stamm. Eine Freundin, die für die deutsche Entwicklungshilfe im Jemen arbeitete und sich für die Rechte der Frauen einsetzte, erzählte einmal von ihrem Kampf um ein Mädchen, eine Erbin, die in der Hauptstadt Sana’a lebte und sie um Hilfe bat, weil sie fürchtete, von Verwandten in das Stammesgebiet verschleppt und zu einer für diese vorteilhaften, von ihr aber nicht gewünschten Hochzeit gezwungen zu werden.

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