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Denkfehler in der Familienpolitik

Einige Anmerkungen zu der Unterstellung, homosexuelle Paare würden Kindern schaden

Die Adoption eines Kindes durch ein lesbisches oder schwules Paar wird sicher ein seltenes Ereignis bleiben. Aber sie passt manchen Konservativen nicht. Diese begründen ihr Missfallen manchmal auch psychologisch. Ein solches Elternpaar schade der seelischen Entwicklung, denn homosexuelle Eltern würden sich Kinder aus egoistischer Bedürftigkeit zulegen. „Es geht bei dem Vorschlag allein um die Selbstverwirklichung von Lesben und Schwulen und nicht um das Wohl der Kinder“, tönte Volker Kauder, Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag, gegen den entsprechenden Vorschlag der Justizministerin Brigitte Zypries.

Bizarr ist hier die Unterstellung, dass sich heterosexuelle Paare Kinder vorwiegend (gar ausschließlich?) aus nicht-egoistischer Bedürftigkeit zulegen. Denn natürlich sind Adoptionen in heterosexuellen Paaren nicht weniger komplex motiviert als in homosexuellen Paaren. Wer die menschliche Psyche ein wenig ernst nimmt und es nicht vorzieht, ihre Realitäten zugunsten seiner Vorurteile zu leugnen, wird nicht so recht an die Abwesenheit egoistischer Motive in allen Adoptionen glauben können.

Viele Menschen wollen Kinder haben. So lautet die geläufige Formulierung: Kinder sind unser kostbarster Besitz. Diese ursprüngliche, naive Haltung entwickelt sich in einer gelingenden Elternschaft durch den Austausch mit dem Kind zu einer Liebesbeziehung. Denn auch das Kind will ursprünglich ganz egoistisch versorgende Eltern haben. Wer hat also wen? Nicht die Verleugnung egoistischer Ansprüche, sondern der Austausch über sie entscheiden über das Schicksal einer Elternschaft. Nur so werden beide Seiten befriedigende Lösungen gefunden und können sich festigen.

Die heroinabhängige 17jährige, der geltungsbedürftige Alkoholiker treten ihre Elternschaft ungestört an, wenn sie über minimales Geschick im Umgang mit den Behörden verfügen. Adoptionseltern hingegen unterliegen strengen Maßstäben; die Jugendämter können wählerisch sein, weil hier das Angebot die Nachfrage übersteigt. Wenn die leiblichen Eltern versagen, dauert es meist viel zu lange, bis ein Kind zur Adoption frei gegeben wird.

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