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Anatolische Reise

Von Kappadokien zum schwarzen Meer Mit dem Leihwagen durch Anatolien

Ankara liegt in den Hügeln Anatoliens unter einem schieferfarbigen Himmel, als hätte jemand einen Sack mit Hochhäusern ausgekippt. Am Flughafen haben wir den Leihwagen geholt, einen Fiat Doblo, genügend Platz für vier Erwachsene mit Gepäck. Wir wollen, altmodisch mit Karte und Führer, nach Kappadokien und dann von dort ans schwarze Meer. Hotels müssen wir unterwegs finden. Die Türkei ist gut ausgerüstet für solche Nomaden; die Herbergen bieten annehmbare Qualität für einen bescheidenen Preis. Unser erstes Hotel liegt am Rand des Basars von Ankara. Im Foyer ein Internet Point und ein Aquarium. Darin als Dekoration eine versunkene Galeone, durch deren Geschützpforten Goldfische schwimmen.

Das Hotelrestaurant Pacha in dem Ort Mustafa Pascha acht Kilometer hinter Ürgüp wird der Ruhepunkte unserer Woche in Kappadokien. Es ist ein altes griechisches Haus, hat vielleicht acht Zimmer, einen Hof unter einer Weinlaube und viele liebevoll gepflegte Topfpflanzen. Wir bleiben sechs Tage und merken, dass der Gastraum, in dem Abendessen und Frühstück serviert werden, zugleich auch das Wohnzimmer einer Großfamilie ist. Der Besitzer ist bereits Großvater. Von seinen Söhnen kellnert der jüngere; der ältere hat einen Andenkenladen an der Hauptstrasse, zwanzig Meter weiter. Sie erzählen von ihren griechischen Vorfahren, die sie vor 87 Jahren, zur Zeit der großen ethnischen Scheidungen zwischen Türken und Griechen in Kappadokien, verleugnen mussten. In der Familie wird türkisch gesprochen, das Essen ist liebevoll und sehr aufwendig gekocht. Es scheint etwas wie eine praktische Versöhnung mit den vertriebenen Griechen zu geben, seit das griechische Hotel, das griechische Restaurant und die byzantische Kirchenbaukunst touristisch verwertet werden. Angeblich gibt auch schon wieder Griechen, die verfallene Häuser ihrer Ahnen kaufen und renovieren.

Kappadokien ist voller Wanderwege, entlang an kleinen Feldern zu Zipfelmützen aus vulkanischem Tuff. Die Wächter einsamer Kirchen am Ende von Staubstrassen sind freundlich und hilfsbereit, die Funktionäre im Museum Valley von Göreme behandeln ihre Kundschaft wie Ungeziefer. Dort stehen mindestens zwanzig Busse auf dem Parkplatz. In den Kirchen stauen sich die Gruppen, türkisch, spanisch, japanisch, französisch höre ich an einem Vormittag. Ein türkischer Führer macht einen Scherz über einen byzantinischen Heiligen, seine Gruppe lacht – besser als Bomben gegen Götzenanbeter, denke ich und ärgere mich doch.

Es gibt kaum irgendwo so farbenlebendige Zeugnisse der oströmischen Frömmigkeit gibt wie hier, in der Apfelkirche, der dunklen Kirche, und wie sie heißen mögen. Es muss doch eine sehr meditative Beschäftigung gewesen sein, den Raum, den ein Mensch zum leben braucht, nicht einfach zu haben und ihn dann durch Mauern und Dächer zu schützen, sondern ihn sich, Hammerschlag nach Hammerschlag, aus dem Felsen herauszumeißeln.

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