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Denkfehler in der Familienpolitik

Besonders unsinnig ist der Verdacht, homosexuelle Paare würden die Kinder in ihrer sexuellen Ausrichtung „prägen“. So schlicht funktioniert das nicht. Homosexuelle wachsen oft genug in heterosexuellen Familien auf und leiden dort unter dem Druck, ihre Neigung zu verbergen. Wer den Prozess der sexuellen Selbstfindung bewusst durchlitten und nicht in bequemer Anpassung an Norm und Mehrheit zurückgelegt hat, ist gewiss nicht grundsätzlich schlechter geeignet, seinen (Adpotiv)Kindern über die Klippen der Pubertät zu helfen. Bornierte Haltungen gibt es unter Lesben und Schwulen so gut wie unter Heterosexuellen; generell wahrscheinlicher sind sie dort nicht.

Nun gibt es auch längst empirische Studien, welche belegen, dass homosexuelle Paare als Adoptiveltern nicht öfter scheitern als heterosexuelle. Theoretiker und Praktiker der Erziehung sind sich darüber einig, dass Liebe und Einfühlung für Kinder wichtiger sind als eine äußerlich „normale“ Familie.
Heterosexuelle Adoptiveltern machen es dem Kind, das bei ihnen aufwächst, vielleicht insofern leichter, als es glauben kann, in einer Familie wie alle anderen aufzuwachsen. Umso problematischer kann aber später die Informationspolitik werden. Immer wieder berichten verstörte Adoptivkinder, spät und traumatisch (etwa mitten in einem Konflikt, „du bist gar nicht unser Kind!“) über ihre Vergangenheit aufgeklärt worden zu sein. Lesbische oder schwule Paare können hingegen kann gar nicht anders, als sich früh mit neugierigen Fragen auseinander zu setzen. Die homosexuelle Adoptionsfamilie ist etwas Besonders, eine soziale Konstruktion eigener Art und insofern schwieriger, aber auch anregender.
Noch eine weitere, konfliktträchtige Situation kann die lesbische oder schwule Familie in der Regel vermeiden: es gibt weniger Rivalität zwischen leiblichen und adoptierten Kindern. Zufriedene, liebende und entspannte leibliche Eltern sind gewiss das Beste für ein Kind. Wenn sie aber nicht zu haben sind, würde ich aus psychohygienischer Sicht homosexuellen wie heterosexuellen Adoptiveltern jederzeit den Vorzug vor überforderten oder lieblosen leiblichen Eltern geben.

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