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Kleine Rechthabereikunde

Alles Unangenehme lässt du mich machen!“ „Nie bist du zufrieden, immer nögelst du an mir herum, dir kann man es nicht recht machen!“ „Ich werde doch noch sagen dürfen, was Sache ist!“ „Aber doch nicht in diesem Ton!“ „Männer sind Mimosen. Da braucht der Herr auch noch einen besonderen Ton!“ „Auch unsere Älteste beklagt sich, dass du immer so schlechte Laune hast!“ „Bestochene Zeugen – jetzt spielst du schon die Kinder gegen mich aus!“
Wohl dem Paar, das angesichts dieser Irritationen Humor entwickeln kann. Dieser erleichtert es, den fruchtlosen Kampf noch vor dem Zeitpunkt der vollständigen Erschöpfung oder des türenschlagenden Abbruchs zu beenden. Humor schafft Abstand, Abstand erleichert, die Komik zu erkennen, welche darin steckt, das Teilgute zu missachten, um das Absolutgute zu gewinnen, das – welcher Zufall – mich im Glanz des Rechthabens sonnt und den Gegner in den tiefen Schatten von Schuld und Beschämung stellt.

Ein Vater, der zwar nicht zum Elternabend, aber immerhin ins Schwimmbad geht, könnte auch gelobt werden: er ist schliesslich besser als gar keiner. Eine Mutter, die den Laden schimpfend zusammenhält, verdient Anerkennung und keine Schelt für ihre Überlastung. Schlimm wäre doch eher, wenn es ihr gleichgültig ist, wann und wie die Kinder in die Schule kommen. Die Tragik der Situation liegt darin, dass die Partner sich gegenseitig Leistungsversagen vorwerfen, in Wahrheit aber voneinander Anerkennung und Zärtlichkeit wünschen. Durch ihre Rechthaberei berauben sie sich des Wesentlichen, ohne das Belanglose durchzusetzen.

Rechthaberische Menschen sind voller fehlgeleiteter Energie. So nervig Streitigkeiten mit einem Rechthaber sind – wir sollten nicht übersehen, dass sie zuallererst eines verraten: auch ich bin einer. Wäre ich keiner, würde ich mich nicht streiten, sondern weise über dieses kindliche Bedürfnis lächeln. Wer für seine Wahrheit kämpft, drückt damit aus, dass er das Interesse und letztlich die Liebe zu seinem Gegenüber nicht verloren hat. Er sucht das Gute, er kämpft darum, er glaubt, dass es irgendwo aufzufinden ist. Der Rechthaber ist lästig; wirkliche Sorgen müssen wir uns aber erst dann machen, wenn er verstummt und resigniert.

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