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Bond auf der Couch

Der verläßlichste Schutz des Mannes vor seiner Kastrationsangst ist die Gewalt, und keine Gewalt ist grösser als die über Leben und Tod. 007 ist ein Held, der verdächtig viele Barrieren gegen die Kastrationsangst errichtet. Es ist gewiss kein Zufall, dass in der Buchversion von „Casino Royal“ Bond mit knapper Not einer Folter entrinnt, die ihn seine Männlichkeit gekostet hätte, wäre nicht ausgerechnet ein Killer des sowjetischen Geheimdienstes erschienen und hätte seinen Peiniger getötet.

Fleming war bereits 45 Jahre, als er 1953 den ersten Bond-Roman (eben Casino Royal) veröffentlichte. Auch hier bezog sich Fleming auf eigene Erfahrungen. Er hatte, weit weniger erfolgreich als Bond, während des Krieges in Lissabon sein Glück im Spiel versucht. Das typische Muster der Bond-Romane war geboren.

Der Held wird von einem strengen Vater und einer läppischen Mutter (Moneypenny – anscheinend eine späte Rache Flemings an der geizigen Mama) zu Orten von exotischer Schönheit kommandiert. Er verführt dort eine oder zwei geheimnisvolle Frauen und findet so den Weg zu den Schwachpunkten übermächtiger Feinde, welche die Welt schon fast beherrschen. Meist wird er gefangen genommen und ein wenig gefoltert oder fast umgebracht. Vor diesem Hintergrund glänzt sein Sieg umso mehr. Im Schlusskampf erobert Bond immer die gute Frau; die böse Frau, mit der oft ebenfalls eine Liebesnacht verbrachte, kommt um.

Obwohl die jüngeren Bond-Filme von den special effects und den technischen Spielzeugen überrollt werden, ist 007 der Mann geblieben, der seine Bindungsängste verleugnet und seine Furcht, als Partner oder gar als Vater zu versagen, überkompensiert. Er kann keinem Sohn Halt geben, keine Familie gründen. Um die entstandene innere Leere zu füllen und die zentrale Gefahr jeder adoleszenten Lebensform – das Alter – zu verdrängen, muss er ständig sein alter ego bekämpfen: den Superbösewicht, der die Menschheit ausrotten oder sie unterdrücken will.

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