Aufsaetze
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Verkehrsunfall im Jemen

Auf dieser Fahrt kamen wir schliesslich auch zum Kalaschnikow-Markt im Norden von Sa’dah, wo man angeblich gegen Bares auch einen kompletten Panzer kaufen kann. Heute war kein Markttag; wir fuhren an vielen verriegelten Eisenbuden und niedrigen Gebäuden vorbei. Im Zentrum des Marktes hatte dann doch eine der Buden geöffnet, drinnen sah ich Maschinenpistolen an der Wand hängen. Mohammed stieg aus und sprach mit dem Besitzer dieser Kostbarkeiten, hielt eine verchromte Pistole neben seine brünierte, lud sie durch, gab sie zurück und nickte beim Anblick eines Stahlstiftes von der Grösse eines Füllhalters.
Der Verkäufer schraubte an dem Ding, steckte etwas hinein, hielt es in die Luft. Nichts geschah. Er prüfte nochmal alles nach, hob es wieder, ein Schuss knallte. Ein Päckchen Rialscheine gegen eine kleine Schachtel. Im Auto konnten wir Mohammeds Kauf (er war für Abdul Karim bestimmt) genauer untersuchen. Ein dickwandiges Stahlröhrchen mit einem Clip, um es unauffällig neben einem Kugelschreiber zu tragen. An der Seite ein kleiner Knopf, der in einem eingefrästen Schlitz lief. Mit seiner Hilfe wurde eine Feder gespannt; der Schlagbolzen konnte durch Umlegen in eine Einkerbung am Ende arretiert und durch Schieben in der Gegenrichtung ausgelöst werden. Geladen wurde der schiessende Bleistift mit Pistolenmunition, die man einlegen konnte, wenn man ihn unten aufschraubte. Er kostete 3000 Rial, ungefähr 18 Euro.
Er kam nie in Abdul Karims Hände. Es widerstrebt mir, die unschöne Szene des Diebstahls an unserem schwerverletzen Fahrer zu berichten. Weder der Polizei noch dem Personal im AlSalam will ich eine solche Tat zutrauen.

Veröffentlicht im „Jemen-Report“, 2003

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