Vortrag
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Die Zukunft hat viele Illusionen.

Warum sich Freud irrte, als er den Sieg der Analyse über die religiöse Illusion ankündigte

Wenn wir Freuds Bild vom „Prothesengott“ weiterdenken, kommen wir zum Event als Ware und zur Ware als Event. Die Entwicklung ist in zwei Richtungen gegangen: in die Software der Kulturindustrie, der Soaps, der medialen Ereignisse, die – wie Star Wars – die unterschiedlichsten Warenwelten vom Spielzeug bis zur Halloween-Maske prägen und so das Gesamtkunstwerk Event schaffen.
Die zweite Richtung betrifft die Prothesen selbst. Sie sind heute weit mehr als Prothesen, sie sind ein zweites Leben. Die Konsumgüter tendieren dazu, Menschen zu ihrem Anhängsel zu machen, zu einem Problemfaktor, der als Autofahrer zu langsam ist, um die Stärke seines Motors und die Schnelligkeit seiner Räder zu bändigen, als Computerbesitzer zu beschränkt, um die technischen Weiten seines Systems zu erfassen, als Handyeigner zu blind, um anders als ein Maulwurf mit Tunnelblick durch die Vielfalt und den Reichtum an Funktionen zu laufen.

Auch die Person eines „Führers“, die Freud noch als Antidepressivum und Werkzeug manischer Gleichschaltung der menschlichen Masse interpretiert hat, löst sich in der Eventkultur auf. An ihre Stelle treten einzelne Warenereignisse oder Ereigniswaren, die sehr viel mächtiger und einflussreicher, aber auch kurzfristiger in ihren Einflussmöglichkeiten auch schwerer voraussagbar sind. Davon lebt die neue Berufsklasse des Medienberaters oder Mediencoaches, ohne den sich viele Vorstandsvorsitzende und Politiker ihre Tätigkeit nicht mehr vorstellen können.

Diese Berater sorgen dafür, dass die heutigen „Führer“ sich selbst zu dem gefragten Ereignis stilisieren, das ihnen hilft, ihre Popularität zu erhalten und Angreifern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Etwas zugespitzt liesse sich sagen: nicht der Manager, der Politiker gestalten die Ereignisse, sondern der Eventberater gestaltet den Auftritt und manchmal sogar die Persönlichkeit des Politikers. Medien, Mediengestalter und die Medien beherrschende Gestalten greifen wie Zahnräder ineinander. Es ist nicht mehr erkennbar, wer jetzt was wann bewegt.

Was wird durch die Eventkultur abgewehrt?

1. Sinnlosigkeit
2. Wertlosigkeit
3. Bedeutungslosigkeit
4. Unübersichtlichkeit.

Freud hat die Frage, ob das menschliche Leben einen Sinn habe, als unzulässig abgewehrt – schließlich frage auch niemand nach dem Sinn des Lebens der Tiere. Aber die Frage würde nicht gestellt, wenn sie nicht von vielen Menschen emotional besetzt wäre. Sie beruht auf einer Extrapolation, welche dem Menschen durch seinen reflexiven Geist möglich ist. Vieles, was ich tue, geschieht in der Absicht, ein Ziel zu erreichen. Da muss doch das Ganze meines Erlebens auch auf ein Ziel hin gerichtet sein!

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