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Mobbing zum Leben?

Die Bevölkerungsmehrheit grübelt nicht darüber nach, ob ein schwerkranker, pflegebedürftiger Mensch an innerem Halt verliert, wenn ihm und seinen Angehörigen klar ist, dass er sich den Tod wünschen darf. Sie sorgt sich nicht darum, dass auf diese Weise Kosten gespart werden sollen, welche (Intensiv)Pflege verursacht. Sie möchte nur weniger Angst haben müssen, irgendwann an Maschinen zu hängen, mit der einzigen Aussicht auf noch längere Qual, weil sich die Ärzte weigern, den Wunsch nach einem Ende zu respektieren.

Wir verstehen die ganze Debatte und die heftigen Emotionen sehr viel besser, wenn wir uns klarmachen, dass es nicht um konkrete Situationen geht, sondern um Ängste vor Gefahren. Der Mensch kann Eventualitäten sehr viel schlechter bewältigen als Realitäten. Wenn wir handeln können; schwindet unsere Angst; wenn das nicht möglich ist, wollen wir „vorbauen“. Daher werden angesichts der Sterbehilfe so erbitterte Diskussionen geführt und derartig extreme Szenarien ausgemalt – die qualvolle Lebensverlängerung, abhängig von Apparaten und einfühlungslosem Pflegepersonal auf der einen Seite, der erzwungene Pseudo-Freitod verelendeter Patienten auf der anderen Seite.

Autoritäre Traditionen

In Holland hat der Gesetzgeber den Willen einer Bevölkerungsmehrheit übernommen, die auch in Deutschland nach Umfrage-Ergebnissen eine kontrollierte Sterbehilfe befürwortet. Es gab nach der Lockerung der Verbote keine Häufung von Suiziden. Warum ist der Gesetzgeber dort weniger rigoros? Vielleicht liegt es daran, dass Holländer und Belgier mehr darauf vertrauen, dass Menschen aus Freude und Hoffnung am Leben bleiben. Hoffnungslos Kranke können dann Trost in jenem offenen Gespräch über ihre Todeswünsche finden, das die deutsche Regelung erschwert.

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