Vortrag
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Das Unbewusste und der Wald

Vortrag auf der Tagung: Blätterwald – Wald in den Medien

Er wird nicht so leicht ins Bodenlose stürzen, sich selbst oder andere verletzen, wenn ihn Zorn und Dunkelheit überfallen. Wer hingegen Pflanzen langweilig und Tiere seines Interesses unwürdig findet, wer Alles auf seine Geltung und Durchsetzung auf der hohen Ebene unter den Menschen setzt, dem bleibt im Scheitern wenig, was zwischen ihm und der Selbstschädigung steht.

Wenn durch die Zeugung der Keim zu einem Kind entsteht, ist der Beginn dieses Lebens vegetativ, stummes, ortsgebundenes Wachstum, stummes Scheitern, wenn der Entwicklungsprozess gestört ist. Erst wenn die ersten Gefahren überwunden sind, beginnt der wachsende Embryo, sich zu bewegen, sein Herz schlägt, seine Glieder zappeln. Diese animalische Phase beginnt noch im Uterus und vollendet sich in dem erste Schrei, dem viele weitere folgen werden, ehe das Kind wieder lernt, still zu sein. Das Animalische bleibt erhalten, so lange wir uns bewegen, es schlummert im zivilisierten Menschen und tritt im Jähzorn an die Oberfläche, in der blinden Wut des Amokläufers, in der Schlägerei des Hooligan. In der germanischen Mythologie standen die Berserker und Werwölfe für dieses Animalische, todesmutige Kämpfer, die sich unverwundbar glaubten, weil sie die Natur jener Raubtieren ins sich spürten, deren Felle sie trugen.

Gegen Ende unseres Lebens kehren manche von uns in das vegetative Stadium zurück: sie verlieren die Erinnerung, die Sprache, die Fähigkeit, sich zu bewegen und leben doch weiter, ihre Haare und Nägel wachsen, sie essen und scheiden aus, so können sie lange Zeit im Dämmerschlaf leben, auf einem vegetativen Stadium, ohne die Kraft des Animalischen und den Geist des Menschen. Sie vegetieren, was in der Regel verächtlich klingt, aber – genau betrachtet – nur das Unverständnis und den Dünkel unseres Geistes gegenüber dem Leben der Pflanzen ausdrückt.

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